Die Wechselbeziehungen der Organismen.
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gleichend, große Wimpern an seinem vorderen Ende, an welchem sein Mund liegt. Die Wimpern stehen am Rande der vorderen, trichterförmigen Erweiterung und Wirbeln dem, am Grunde dieser Erweiterung befindlichen Munde fortdauernd Wasser zu. Der Stentor gehört zu denjenigen Ausgußthierchen, welche im Inneren ihres Körpers, der Oberfläche nah, grüne Zellen führen. Diese grünen Zellen vermögen, wie auch sonst, die im Wasser gelöste Kohlensäure zu zerlegen und so einerseits Sauerstoff, andererseits stärkeähnlichen Stoff dem Stentor zu liefern. Dafür bietet der Leib des Stentors einen guten Schutz der Alge dar und führt der letzteren durch den Schlag der Wimpern auch immer neues Wasser zu, welches sie zu ihrem Gedeihen verlangt. — Eigentümlich ist das Verhalten eines solchen grünen Stentors unter Bedingungen, welche den Algen nicht förderlich sind. Die Alge, die ihre Schuldigkeit nicht thut, wird dann einfach aus den äußeren Theilen der Körpersubstanz in die innere gedrängt und dort verdaut. So geht aus dem grünen Stentor schließlich ein farbloses Thier hervor, das man früher für eine besondere Art hielt und auch als solche beschrieben hat. So lange die Bedingungen günstig sind für die Ernährung der Alge, begeben sich die mit derselben ausgestatteten Ausgußthierchen an die der Lichtquelle zugewandte Seite des Culturgesäßes, damit die Alge dort möglichst gut arbeiten könne. Denn, um die Kohlensäure zu zerlegen, verlangt sie nach Licht. Während die Alge so ihren Wirth ernährt, begnügt sich dieser vielfach damit, Wasser in seinen Leib hinein zu strudeln. Es ist ihm entschieden bequemer, in der Sonne ausgestreckt zu liegen, als anderer Nahrung nachzujagen; die Alge sorgt hinlänglich für ihn. Andere grüne Thierchen, mit ähnlicher symbiotischer Einrichtung, so die Süßwasserpolhpen, führen hingegen doppelten Küchenzettel, und während die Alge sie ernährt, suchen sie auch noch möglichst viel sonstige Nahrung zu verschlingen.
Unsere eigene Existenz ist durchaus von derjenigen der Pflanzenwelt abhängig. Wir vermögen nicht von mineralischen Stoffen uns zu ernähren, sind vielmehr indirect oder direct auf die in der Pflanze erzeugten organischen Substanzen angewiesen. Wir eignen uns dieselben unmittelbar an, indem wir Pflanzen, mittelbar, indem wir Thiere verzehren, welche selbst in letzter Instanz aus der Pflanzenwelt schöpfen.
In symbiotischen Genossenschaften brauchen nicht beide Betheiligte in ihrer Ernährung gefördert zu werden. Oft ist dies nur bei dem einen der Fall, während dem anderen sonstige Vortheile aus dem Zusammenleben erwachsen.
De Saussure erzählt, daß die Büffel in Mexico vielfach so von Mücken geplagt werden, daß sie, um ihnen zu entgehen, vollständig in den Schlamm sich einwühlen. Nur ihre vorgestreckte Nase sieht aus dem Schlamm hervor. Auf diese nun setzt sich ein reizender Vogel, der Commandeur genannt, und lauert auf die Mücken, die es versuchen, in die Nasenlöcher des Büffels einzudringen. So finden Büffel und Commandeur ihre Rechnung dabei.
Aussehen erregte in letzter Zeit das eigene Verhältniß, welches zwischen manchen Pflanzen und den Ameisen besteht. Der Beispiele solcher Art gibt es jetzt schon viele; ich greife das bestbekannte heraus, dessen Kenntniß wir den erfolgreichen Untersuchungen verdanken, die von Fritz Müller und von Schimper