204
Deutsche Rundschau.
in Brasilien angestellt wurden. Dieser Fall bezieht sich aus das Verhältniß der Ameisen zu dem Armleuchter-Baum. Wie der Baum aussieht, sagt schon sein Name. Er ragt über seine Umgebung ost hoch empor und fällt durch seine schildförmigen, sußgroßen, sieben- bis neunlappigen Blätter auf, welche an diejenige der Roßkastanie erinnern. Man trifft diesen Baum, freilich nur in bescheidener Größe, in unseren Gewächshäusern an. Sein botanischer Name ist Oeeroxia, von den Brasilianern wird er als Imdaüda bezeichnet. Am besten ist uns in ihrem symbiotischen Verhalten jetzt die Oseropia acksuopus bekannt. Der stolze Stamm dieses Baumes gleicht einem riesigen Candelaber und ist, wenn er in der Savanne wächst, schon aus weiter Ferne sichtbar. Er steht auf Luftwurzeln wie aus Stelzen und trägt hoch oben nur wenige, stets unverzweigte Neste. Im Inneren ist der Stamm hohl, in Abständen gefächert und dient zu Wasserleitungsröhren, sowie auch zur Herstellung von Musikinstrumenten. Diese letzte Verwendung hat ihm in manchen Gegenden des tropischen Amerika den Namen Trompetenbaum verschafft. Interessant ist es vielleicht zu erwähnen, daß es auch dieser Baum ist, den die Indianer vornehmlich benutzen, um Feuer zu machen, indem sie in sein hartes Holz ein Loch schneiden und ein anderes Stück harten Holzes rasch in dem Loch drehen.
Stößt man eine Jmbaüba unsanft an, so treten augenblicklich aus derselben kleine, schwarze Ameisen in unzählbarer Menge hervor, gegen deren Angriff man sich zur Wehr setzen muß. Da der Biß dieser Ameisen empfindlich schmerzt, so soll das Fällen einer Jmbaüba nicht gerade zu den angenehmsten Geschäften gehören. Die Ameisen bewohnen die inneren Höhlungen des Baumes und treten aus demselben an kleinen Oeffnungen hervor, die sich in den oberen Theilen des Stammes befinden. Außer einer geräumigen Wohnung bietet dieser Baum den Ameisen auch reichliche Nahrung, so daß ihr Eifer, den Baum zu vertheidigen, durchaus nicht uneigennützig erscheint. Am Grunde der Blattstiele der Jmbaüba findet man an der Unterseite eine mehrere QuadraLcentimeter große Fläche mit braunen Haaren von sammetartigem Aussehen besetzt; aus dieser sammetartigen Fläche ragen zahlreiche keulenförmige Körper hervor, die man auf den ersten Blick für Jnsekteneier halten könnte und zwar dieses um so mehr, als sie ihrer Mehrzahl nach nicht befestigt sind, sondern locker zwischen den Haaren stecken. Tatsächlich gehören diese Keulen aber der Pflanze an und stellen nur besonders große, mit Eiweißkörpern vollgestopfte Haare vor, welche sich leicht von ihrer Unterlage loslösen. Verfolgt man aufmerksam das Treiben der kleinen Ameisen in den beblätterten Aesten der Jmbaüba, so stellt man unschwer fest, daß die Ameisen dort die Blattkissen (wie wir die mit Haaren besetzten Theile an der Basis der Blattstiele nennen wollen) absuchcn, jedes der eiweißhaltigen Körperchen, das sie gefunden haben, anpacken und, mit demselben beladen, den Heimweg nach der Wohnung einschlagen. Aus einem solchen Blattkissen sprossen aber täglich neue mit Eiweiß erfüllte Haare hervor, so daß diese Felder den Ameisen täglich neue Nahrung bieten. Diese Nahrung ist so eiweißreich, daß wir sie mit einer Fleischspeise vergleichen könnten. Es leuchtet ein, daß unter solchen Umständen der Baum seinen glücklichen Bewohnern von Werth sein muß: sie halten Wache aus allen seinen Aesten. Der Baum ist aber auch schutzbedürftig, und zwar muß er