Aus Karl Friedrich Meinhards Leben.
Von
W. Lang.
Erster Aufenthalt in Hamburg.
( 1795 — 1798 .)
IX.
Am 17. October Unterzeichnete Bonaparte in Pasfariano bei Udine den Frieden mit den Bevollmächtigten Oesterreichs. Auf einem Kongreß in Rastadt sollten die Reichsangelegenheiten geordnet werden. Angesichts dieses Kongresses wurden auch die hanseatischen Neutralitätsbestrebungen wieder ausgenommen. Man erwartete eine neue völkerrechtliche Regelung des Handels- und Seeverkehrs, wobei die Hansestädte ihr unausgesetzt verfolgtes Ziel zu erreichen hofften: Handelsfreiheit auch in Kriegszeiten. Wir wissen, daß Reinhard diese Bestrebungen unterstützte. Er vertheidigte die Freiheit der Städte gegen anderweitige Pläne, deren Gegenstand sie in den politischen Berechnungen der Kabinette waren. Auch er war nicht von ängstlicher Gewissenhaftigkeit, wenn es sich im Interesse des Krieges um die Besetzung wichtiger Punkte handelte. Wenn aber davon die Rede war, durch Lahmlegung des hanseatischen Handels die englische Flagge zu treffen, so erklärte er, daß die Hansestädte nicht das Opfer von Feindseligkeiten werden dürften, die man England zufügen wolle. Nur beklagte er, daß in den Städten viel zu wenig Einmüthigkeit und viel zu wenig Energie für das von ihnen erstrebte Ziel vorhanden fei. Es war vornehmlich die Erinnerung an die Reichspflichten, die, zumal in Hamburg, doch immer ein Schwanken verursachte. Reinhard sah darin bloß die Furcht vor dem Kaiser und besorgte, daß die Städte das zu büßen haben würden. Der Brief an Hennings vom 5. December verbreitet sich ausführlich auch über diese Dinge.
„Ich bin seit ungefähr drei Wochen," schrieb er dem Oheim, „mit den Angelegenheiten der Städte sehr beschäftigt gewesen und bin, unabhängig von ihrer ebenso indolenten als furchtsamen Politik, meinen eigenen Gang gegangen. Die Städte haben schon seit einem Jahre bei verschiedenen Regierungen, und besonders bei der französischen, vorbereitende Schritte gethan, um