Heft 
(1891) 67
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Die deutsche Emin-Pascha-Expedition.

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Der Expedition durch all' die Leiden ihres ersten Marsches zu folgen, würde zu weit führen. In der Art, wie wir sie schilderten, dauern sie eine lange Zeit fort, und man kann sagen, daß sie ihren Abschluß erst erreichten, als die Expe­dition in die Episode der Kämpfe eintrat. Jedenfalls gewinnen wir die Ueber- zeugung, daß nur ein eiserner Wille fähig war, dieser endlosen Schwierigkeiten Herr zu werden. Sie werden überwunden, aber nur um anderen Uebeln, dies­mal allerdings sehr scharf definirter Natur, nämlich andauernden Kämpfen, Platz zu machen. Der erste Kampf wird uns im fünften Capitel geschildert.

In Oda-Boro-Ruwa am oberen Tana weilte die Expedition einige Zeit, um von den erlittenen Strapazen ein wenig zu ruhen. Auch ist der Chef bemüht, den von der Karawane Pigott herrührenden englischen Einfluß in der Gegend zu verwischen, und den deutschen an dessen Stelle zu setzen. Zu diesem Zwecke schließt vr. Peters mit den Gallas einen Vertrag, durch welchen er sich zum alleinigen Herrn derselben proclamiren, sich Handelsmonopole und Ausbeutungen von Edel- und anderen Metallen abtreten läßt, kurz sich zum Herrscher einsetzt. Er stellt das Versprechen in Aussicht, dem Gallavolke die Freundschaft Sr. Majestät des deutschen Kaisers zu erwerben, betont jedoch, daß seine neue Herrscher­gewalt von keiner Ratification irgend einer europäischen Macht abhängig sei.

Der Vertrag wird besiegelt, und vr. Peters begibt sich zur Ruhe in sein Zelt. Die Ruhe sollte nicht von langer Dauer sein. Zwei Sclaven erscheinen am anderen Ufer des Flusses und rufen herüber, daß die Gallas beabsichtigen, die Expedition in der Nacht anzugreifen. In Folge dieser Nachricht begibt sich der Chef auf das andere Flußufer, marschirt eine halbe Stunde weit und greift die zur Berathung versammelten Gallas an. So tollkühn uns dies Unternehmen erscheinen mag, so glücklich endet es. Zwar werfen die Leute Lanzen nach vr. Peters, ritzen ihn auch ein wenig, allein er bleibt Sieger und treibt eine Anzahl Weiber als Kriegsgefangene in sein Lager. Den Sieg nutzt er aus, indem er sich die im Tana liegenden Inseln als Eigenthum verschreiben läßt. Außerdem sollen die Gallas das von der Expedition errichtete v. d. Hehdt-Haus unterhalten. An die so benannte Station knüpfte ihr Erbauer die Hoffnung, daß sie den Handel des Landes beleben und an sich ziehen würde; allein die Hoffnung ist hier ebenso wenig in Erfüllung gegangen, wie später an anderen Stellen. Vielleicht ist der Grund hierfür in dem Umstande zu suchen, daß die Expedition verhindert war, in dieser Richtung eine grundlegende Thätigkeit zu entfalten.

Nach kurzer Rast in Oda-Boro-Ruwa zieht die Karawane nun den Tana hinauf, durch dichtes Gestrüpp sich den Weg bahnend, oder auf dürrer Steppe unter erbarmungsloser Sonnengluth leidend. Die Gegend ist reich an Wild, und Löwen" werden angetroffen. Hunger drückt, doch ist für das Nöthigste gesorgt, indem Boote der Eingebornen mit Getreide die Karawane auf dem Flusse be­gleiten. In Hameje finden sich indessen reichlichere Vorräthe, und die Stimmung der Expedition wird gehoben durch den Anblick der nun bereits am fernen west­lichen Horizont auftauchenden hohen Bergzüge.

Hier versucht vr. Peters sich zum ersten Mal auf dem Gebiete geographi­scher Forschung. Dies ist vielleicht der geeignete Augenblick, die ganzen wissen-

Dsutsche Rundschau. XVII, 8. 16