Literarische Rundschau.
Literatur und Kunst.
Die Günderode. Ausgabe von 1840. Berlin, W. Hertz (Besser'sche Buchhandlung). 1890.
Friedrich Hölderlin's Leben. In Briefen von und an Hölderlin. Bearbeitet und herausgegeben von Carl C. T. Litzmann. Berlin, W. Hertz (Besser'sche Buchhandlung).
Lenz und Goethe. Mit ungedruckten Briefen von Lenz, Herder, Lavater, Rüderer, Luise Körig. Von vr. Johann Froitzheim. Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt. 1891.
Goethe und die italienische Kunst. Von Andreas Heusler. Basel, R. Reich. 1891.
Schiller als Dramaturg. Beiträge zur deutschen Literaturgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts von Albert Köster. Berlin, W. Hertz (Besser'sche Buchhandlung). 1891.
Otto Lndwig's Gesammelte Schriften. Leipzig, F. W. Grunow. 1891.
1. Bettinens Schriftstellerei wuchs, wie H. Grimm bündig gesagt hat, aus dem persönlichen Erlebniß. Ihrem vergötterten Dichter, ihrer bewunderten und beklagten Herzenssreundin, ihrem geliebten, verlorenen und durch sie in seiner Jugend geretteten Bruder, ihrem jungen Correspondenten Nathusius, ihrer allmalig mythisch gewordenen Frau Rath setzte sie Denkmäler. Die vergegenwärtigende Fülle der üppigen Phantasie, das einzige Concert von Begeisterung und Witz, die unversiegliche Jugend, die hinreißende Unmittelbarkeit des Stils, die innere Wahrheit haben bei den „Guten", für die Bettina die Feder rührte, gesiegt über alles nüchterne Mäkeln und Spötteln. Wir sind dankbar sür diese dem „Briefwechsel Goethe's mit einem Kinde" nachgeschickte Erneuerung und bitten die Trias lebendigster Schöpfungen der Jungromantikerin recht bald durch „Clemens Brentano's Frühlingskranz" zu runden, so wie wir sehnsüchtig der verheißenen Mittheilung Armin'scher, Grimm'scher, Bren- tano'scher Briefwechsel entgegenschauen, um in einer verzweigten, hoch und gleich gestimmten Familie noch heimischer zu werden. „Die Läubli tröpfle noch" rief der wunderliche Meusebach, als er das vorliegende Buch recensirte oder vielmehr durch eine sein ausfädelnde Perlenstickerei für sich selbst reden ließ. Morgensrische, Jugend, Enthusiasmus ist das Element. Wie liebt die ruhelose, laute Bettina dies ernste, sinnende, auch im Scherz maßvolle, entsagende, feierlich schöne Stistssräulein Caroline von Günderode, das nicht geht, sondern wandelt, kein Kleid trägt, sondern ein Gewand, und den Schmerz betrogener Liebe mit freiwilligem Tod beendet. Dem Leser wäre ein knapper Vorbericht, zur Erläuterung wenigstens des räthselhaften Titels, erwünscht. Die Katastrophe der Dichterin „Tian" ist im „Briefwechsel eines Kindes" wundervoll erzählt, Arnim weiht ihr ergreifende Worte vor der „Jsabella von Aegypten", Goethe aber geht dem Blutgeruch dort am Rhein rasch aus dem Weg und weiter zu den — Gerbereien der Gegend. Seine Mutter könne er nach diesem Selbstmord nicht fragen, sagte er zu Frau Frommann, denn die würde kurzweg erklären, es sei Verrücktheit. So dürste Bettinens herrlicher Nachruf kaum eine Botschaft an Frau Rath sein.