Scenischer Epilog zur Festvorstellung des Weimarer Theaters am 7. Mai 1891. 323
Schiller.
O wahres Wort — hochragend steht dein Baum, Mit Aesteu, die sich um die Erde breiten;
Zn seiner Blättersülle wohnt der Traum,
Durch seine Krone braust der Sturm der Zeiten.
lind wie der Wind die Zweige ihm durchwühlt, Wird er zur Laute ew'ger Harmonien,
Daß jede Zeit sich wieder kennt und fühlt Lebendig neu im Wort, das Du geliehen.
Wich aber riß es aus der Witte fort,
Zn Wollens Fülle wurde ich gebrochen,
Das glühend in der Brnst mir lag, das Wort, Das letzte Wort, es ward nicht ausgesprochen.
Goethe.
Und darum eben wird Dein hoher Geist Zn Deinem Volke unvergänglich leben,
Denn Beides, was Unsterblichkeit verheißt, Geheimniß wird und Sehnsucht Dich umschweben.
Am Bild des Dichters, der zu früh entwich,
Wird Phantasie und Liebe weiter bauen;
Zum Freiheitssänger kürt der Züngling Dich, Zum Hohenpriester wählen Dich die Frauen.
Wo Großes sich in deutschem Volk begibt,
Da wirst Du immer wieder ihnen fehlen; Beweint, ersehnt, bewundert und geliebt,
So wirst Du aufersteh'n in ihren Seelen.
Lin Seufzer wird durch alle Seelen zieh'n,
Ls wird ein Wunsch aus allen Herzen brechen: G wäre Schiller heute uns verlieh'n,
Am großen Tag zu seinem Volk zu sprechen.
Schiller.
Zch lausche Dir — mein sehnend Herz beglückt Am Wort des Freundes sich, das mich entzückt. Noch einmal öffne Dich, Hrophetenmund,
Thu' mir noch einmal frohe Botschaft kund:
An meines Volkes Seele darf ich glauben?
Die Stunde wird nicht kommen und nicht sein, Da fremder Wahn und falscher Götzen Schein Zhm seine Dichter nehmen wird und rauben?
G sprich — o sprich —
Goethe.
Frag' Andere als mich —
(<Lr reckt die Hand. Leuchtende Tageshelle überströmt die Bühne; der Vorhang, der die Säulenhalle schloß, rauscht auseinander. Zwischen den Säulen, auf hohem Postament aufgestellt, sicht man die Büste Aarl August's, mit goldenem Lorbeer gekränzt, hinter der Büste, amphitheatralisch im Inneren des Gebäudes gereiht, Männer, Frauen und Ainder in festtäglicher Gewandung. Die Ainder tragen Aränze in den Händen.)
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