Mets W. Kade.
Von
Philipp Spitta.
Der am 22. December 1890 erfolgte Tod des größten Componisten, den Dänemark sein eigen nennen durfte, hat in Deutschland nicht ganz den hohen Grad von Theilnahme erregt, welchen Mancher erwartet haben mag. Gade's Musik stand noch vor zwanzig Jahren bei uns in großer Beliebtheit, seitdem ist das Interesse an ihr merklich geringer geworden. Während es Ende der sechziger Jahre noch viele Kreise gab, welchen ihn als den hervorragendsten lebenden Componisten auf dem Gebiete der Orchester- und Kammermusik verehrten, erwuchs ihm doch schon damals in Brahms ein gefährlicher Nebenbuhler, der ihn allmälig in die zweite Linie drängte. Die Aufregung, von der die musikalische Welt durch Wagner's Werke erfaßt wurde und die immer weitere Wellenringe zog, das Eindringen dieser Werke auch in die Concertinstitute und die Ueberreizung des Kunstgeschmackes, die geringschätzige Haltung, welche gewisse Kreise gegen die verwandte Kunst Mendelssohn's und Schumann's unter Berufung auf den sogenannten überwundenen Standpunkt Annahmen, hat vielleicht noch mehr dazu beigetragen, gegen die Musik des dänischen Meisters gleichgültiger zu stimmen. Es kam hinzu, daß Gade selbst in seinen späteren Werken, so hervorragende Eigenschaften diese immer noch besaßen, doch eine Abnahme der früheren Frische und Ursprünglichkeit bemerken ließ. So ist die Welt einmal beschaffen, daß sie vom mitlebenden Künstler fortdauernde Anreizung verlangt, soll sie ihm treu bleiben. Hinter den immer neu herandrängenden Wogen, welche das Schiff der öffentlichen Meinung dahintragen, verschwindet ihr sonst allzubald sein Bild.
Später kommt dann eine Zeit, wo das wahrhaft Bedeutende wiederauftaucht und über dem Wogenschaum des Tagesgeschmacks aus ruhiger Ferne leuchtet. Im Vertrauen, daß diese Zeit auch für Gade Antreten wird, brauchen wir manche Erfahrungen der letzten Monate und gewisse Stimmen, die über den Werth seiner Werke unter uns laut wurden, nicht allzu ernsthaft zu nehmen.
Was der Mann seinem eugeren Vaterlande und dem skandinavischen Norden überhaupt bedeutet hat, kann von Deutschland aus kaum dargelegt werden; ich