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Deutsche Rundschau.
Während des größeren Theiles dieser Zeit von einem dänischen Charakter dev dortigen Musik in dem Sinne, wie man von sranzösischer, italienischer, englischer Musik sprechen kann, nicht viel gewahr wird. Zur Zeit des dreißigjährigen Krieges War es Heinrich Schütz, der größte deutsche Komponist seiner Zeit, welcher Jahre hindurch die Richtung sür die Musik am Königshofe zu Kopenhagen angab. Im December 1633 wurde er dort mit besonderen Vergünstigungen als Kapellmeister angestellt; König Christian IV. bestimmte selbst, daß man ihm zu seinen Musikübungen den Saal neben des Königs Gemach einräumen solle, und sorgte dafür, daß die Musikanten ihm gebührlich Ordre parirten. Sein Aufenthalt dauerte zunächst bis zum Jahre 1635; in der Folgezeit ist er noch mehrere Male von Dresden herüb er gekommen. Eines seiner vorzüglichsten Werke hat er 1647 dem damaligen Kronprinzen von Dänemark gewidmet; einer seiner besten Schüler, der Thüringer Matthias Weckmann, wurde in den vierziger Jahren sein Nachfolger im Capellmeisteramt zu Kopenhagen. Schauen wir auf die zweite Hälfte des Jahrhunderts, so glänzt uns Dietrich Buxtehude's Name entgegen. Der größte nordische Orgelmeister seiner Zeit ist zwar in Helsingör aus Seeland geboren (1637), sein Vater war an der Olai-Kirche daselbst Organist. Aber der Name zeigt, daß die Familie keine dänische gewesen sein kann, sondern aus den Gegenden der Unterelbe stammen muß. Wie sie ihrer Zeit nach Dänemark übersiedelt war, kehrte ihr berühmtester Sohn im Jahre 1667 nach Deutschland zurück und wurde Organist an der Marienkirche zu Lübeck. Aber sein Einfluß auf den skandinavischen Norden blieb nachhaltig ein großer und muß sich, wie die Bestände der Universitäts- Bibliothek zu Upsala ausweisen, auch über Schweden erstreckt haben. Wie Schütz im 17., so stand Reinhard Keifer im 18. Jahrhundert zum Kopenhagens Hose, oder doch annähernd so. Er ist als Kapellmeister nur zwei Jahre dort in Thätigkeit gewesen (1722—1724), aber seine Musik hat tiefen Eindruck gemacht und gewiß nicht nur die eigens für Kopenhagen geschaffene: bei dem regen Verkehr zwischen Hamburg und Dänemark muß die gesammte Kunst des genialsten deutschen Operncomponisten seiner Zeit den nordischen Nachbarn nahe getreten sein. Nicht weniger ist dies hernach mit Emanuel — des Hamburger — Bach's Musik der Fall gewesen; Niels Schiörring, der Herausgeber des dänischen Choralbuchs, an welchem Emanuel Bach mitgearbeitet hat, gehörte zu seinen Schülern. Von Hamburg aus wurde ferner Johann Adolph Scheibe im Jahre 1744 als Kapellmeister nach Kopenhagen berufen, wo er bis zu seinem Tode verblieb, wenn auch nicht eben durch seine'Compositionen, so doch durch seine musikalische Gelehrsamkeit und umfassende Bildung deutsches Kunstwesen dort in Geltung erhaltend.
Schütz, Weckmann, Keiser, Bach. Scheibe waren Mitteldeutsche gewesen. Nach ihnen beginnt eine Zeit, in welcher vorzugsweise niedersächsische Musiker das Wachsthum der Tonkunst in Dänemark bestimmen, und jetzt werden die ersten Anzeichen sichtbar, daß hier die Musik einen besonderen Charakter annehmen will. Die Erscheinung ist merkwürdig genug, denn sie tritt in Fortsetzung der Rolle auf, welche die Niedersachsen im siebzehnten bis achtzehnten Jahrhundert in der Musik Deutschlands spielten. Aus diesem Stamme, der allgemein als künstlerisch