Niels W. Gäbe.
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nur gering begabt gilt, waren jene Oegelmeister wie Scheidemann, Schildt, Tunder, Buxtehude, Bruhns, Lübeck, Lehding, Delphin und Adam Strungk hervorgegangen, die die Bewunderung jihres Jahrhunderts genossen. Es ist auch ein Zug innerer Verwandtschaft zwischen Niedersachsen und Dänen unverkennbar, und ich glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich diesen schon aus Buxtehude's tiefsinnigen und phantastischen, schwermüthig träumenden und mächtig aufbrausenden Orgelcompositionen heraushöre: es steckt vom Wesen des Meeres etwas in ihnen. Die Geschichte der modernen dänischen Musik hebt mit 1787 an, dem Jahre, in welchem Johann Abraham Peter Schulz, aus Lüneburg gebürtig, Kapellmeister in Kopenhagen wurde. Die Pflege des nationalen Volksliedes in dichterischer und musikalischer Hinsicht war damals ein allgemeines Zeichen der Zeit. Es ist unnöthig, hier noch einmal darauf hinzuweisen, wie diese neue Bewegung entstanden ist und wie sie in Deutschland an Klopstock und Herder anknüpste, auf Klopstock's Stellung in Dänemark, auf die führende Rolle, die der niedersächsische Hainbund in ihr spielte. Von dieser Bewegung getragen, hatte Schulz seine „Lieder im Volkston" geschrieben, von denen zwei Theile 1782 erschienen. Der erste beginnt mit dem Liede „An die Natur" des Grafen Leopold Stolberg, der damals Minister in Kopenhagen war; außer ihm haben Bürger, Voß, Claudius und Hölty die meiste Berücksichtigung gesunden. Als Schulz den dritten Theil herausgab, war er schon drei Jahre in seinem dänischen Amte. Seine Lieder erschienen alsbald mit dänischer Ueber- setznng; an dem Unternehmen war wiederum Schiörring betheiligt, der sich, durch Schulz angeregt, als Componist volksthümlicher dänischer Lieder selbst mit Glück versuchte. Schulz hat dann auch als Componist dänischer Opern sowie in der Oratorien- und Kirchenmusik eine reiche Thätigkeit in Kopenhagen entfaltet. Eine der bedeutsamsten Anregungen aber gab er 1790 durch seine inhaltreiche kleine Schrift, „Gedanken über den Einfluß der Musik aus die Bildung des Volks, und über deren Einführung in den Schulen der königlich dänischen Staaten."
Ihm gesellte sich in Friedrich Ludwig Aemil Kunzen aus Lübeck eine andere hervorragende Kraft. Schulz, der das gleichgestimmte Talent in ihm erkannte, setzte 1789 die Aufführung von Kunzens erster Oper in Kopenhagen durch. Die Oper hieß „Holger Danske", doch würde man irren, wenn man als Inhalt der von Jens Baggesen verfaßten Dichtung einen dem dänischen Volksbuche entnommenen Stoff vermuthete. Es ist nichts Anderes als der Stoff von WielanRs „Oberon", nur daß statt des Hüon von Bordeaux der dänische Held eingesetzt ist. Aber zwei eigentümliche Züge treten doch hervor: die Lust an nationalen Gestalten und an dem Phantasiespiel mit Naturgeistern. Wirklich ist diese Oper die erste, durch deren Musik ein wenngleich nur erst.schwacher Klang der Nordlandsharfe zittert. Es wird recht einleuchtend, wenn man den gleichzeitigen „Oberon" des Wieners Wranitzky vergleicht. Kunzen lebt wirklich in der Zauberwelt, die dem Süddeutschen nur ein unterhaltender Spaß ist. Er findet ahnungsvollere Töne für das Leben der Elemente, als irgend Jemand seiner Zeit und Melodien von einem zarten, durchsichtigen Jncarnat, das zu den lebenglühenden Gesichtern südlicher Weisen einen starken Gegensatz bildet. An Mozart und die