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Deutsche Rundschau.
größerer Hingabe geschrieben. Aber seine klangdurstige Natur verlangte nach über gewöhnlich reichen Mitteln: acht, sechs, sünf Instrumenten; bei der classischn Zusammenstellung des Quartetts ist er erst in späten Jahren angelangt. S sah er sich leichter im Stande, von den geliebten Orchesterwirkungen Manche auf die Kammermusik zu übertragen. Ein sicherer Takt für das Angemessen schützte ihn davor, nach dieser Seite zu weit zu gehen; er erkannte auch ball daß die Idee seiner Orchesterformen hier nicht am Platze sei. Es liegt übe diesen Werken der Glanz romantischer Poesie, aber der Komponist hat sich doc auch tief auf das eigentlich musikalische Urleben eingelassen. Nur ein frühe Werk, die erste Violinsonate, trägt noch mehr malerische und nur klanggebent Elemente in sich, als sich mit dem Stil der Gattung verträgt, so bestrickend am zum Theil ihr melodischer Zauber ist.
Der oberflächlichen Betrachtung könnte verwunderlich erscheinen, daß de Sohn eines Volkes mit so reichem Liederschatz sich nicht selbst als Liedcomponi hervorgethan hat. Gade's Gesänge mit Clavier machen einen Eindruck, wie de einer nicht ganz flüssig gewordenen Handschrift. Das durch Mendelssohn un zurückgewonnene unbegleitete Chorlied hat er nur mit einigen kostbaren Perle bereichert; seine frischen Männerchöre sind gewiß in Skandinavien weit verbreite bei uns haben sie nicht recht Wurzel fassen wollen; aber diese Gattung scheir für ein so großes Talent auch nur einer beiläufigen Berücksichtigung Werth. Wo man vor Allem von ihm erwarten konnte, war Balladencomposition. In di That hat er sich ihrer beflissen, nur nicht in der Weise, die uns durch Löwe vertrai geworden ist. Bei der großen Expansivkrast, welche Gade's musikalischen Stin mungen eigen ist, mochten ihm eine Singstimme und Clavier zu dürftige Mitt erscheinen. Er brauchte Solostimmen, Chor und Orchester. Schon Löwe hat in vereinzelten Fällen zu ihnen gegriffen, und damit offenbar gemacht, wie nal die Idee der Ballade derjenigen des Oratoriums steht. Mendelssohn hatte m der „Ersten Walpurgisnacht" den Weg erfolgreicher fortgesetzt, und aus derselbe Wurzel, nicht etwa als weltlicher Nebenzweig des bisherigen Oratoriums, i Schumann's „Paradies und Peri" ausgewachsen. Gade hat in seinen spätere Jahren eine Reihe solcher von Carl Andersen gedichteter balladenartiger Wer geschrieben: „Die Kreuzfahrer", „Kalanus", „Amor und Psyche". Das letzte M ihnen war für das 1882 in Birmingham veranstaltete Musikfest geschrieben, und ^ dem gleichen Zwecke hatte er schon 1876 ein geistliches Chorwerk „Zion" geliefer das man am richtigsten vielleicht auch als Ballade bezeichnet. Es ist das kein müßig Spiel mit Etiquetten, denn das Wesen der Ballade bedingt einen anderen Stals das Oratorium: man wird sich gegenwärtig halten dürfen, daß sie aus eine einstimmigen Gesangstücke mit Clavier hervorgegangen ist, und darnach den Stan Punkt der Beurtheilung für die Chorbehandlung und für das Verhältniß zwisch Chor und Solo anders nehmen. Mir scheint, daß man über diese Werke, denen ein großes Talent seine ganze Kraft zusammengenommen hat, bei uns ^ schnell zur Tagesordnung übergegangen ist. Indessen darf man Wohl zugestehe daß sie den vollen Reiz der früheren Compositionen Gade's nicht mehr besitze Unter jenen früheren sind nun aber auch schon zwei Balladen: „Comala" m „Erlkönigs Tochter". „Comala" führt uns wieder in die Ossianische Welt, m ist etwa sünf Jahre später geschaffen, als die Ouvertüre. Der Text ist no