Wohlfahrtseinrichtungen der Reichspolt.
Die Wohlfahrtseinrichtungen der deutschen Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung. Berlin. Gedruckt in der Reichsdruckerei. 1890.
Man ist gewohnt, die Reichspost in erster Linie vom Standpunkte ihrer eigentlichen Bestimmung und Aufgabe zu beurtheilen: als die Trägerin und Vermittlerin des ins Riesige gewachsenen nationalen und internationalen Verkehrs der Gegenwart; als eine großartige Institution, bestimmt, den Austausch geistiger und materieller Interessen zu vermitteln und zu fördern und dadurch eine hohe Potenz der deutschen Kultur und Volkswirthschast zu repräsentiren. Wie gut es ihr — unter der bewährten Leitung des Staatsseeretärs v- Stephan-— gelungen ist, dieser verantwortungsvollen und schwierigen Aufgabe gerecht zu werden, zeigt die allgemeine Anerkennung, welche die Leistungen unserer Reichspost finden. Daß sie aber im Jnlande und vielleicht noch mehr im Anslande geradezu als ein Muster von Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit gerühmt wird, das hat nicht allein die technische Ausbildung und Vollkommenheit ihres vielgestaltigen Betriebes bewirkt: vielmehr ist es vor Allem die Pflege des traditionellen Pflichtbewußtseins preußischen Beamtenthums, welche dem modernen preußisch-deutschen Postwesen diesen Ruhm sichert. Und darum ist die Reichspost auch nach der Seite hin von ganz hervorragender Bedeutung, wie sie — in Erkenntniß des Princips, daß eine dauernd freudige und eifrige Pflichterfüllung aller Angestellten nur bei gesicherter materieller Lage möglich — als Arbeitgeberin von mehr als hunderttausend Personen sich bestrebt, durch Wohlfahrtseinrichtungen verschiedenster Art die sittliche und wirthschaftliche Existenz ihrer Beamten für alle Wechselfälle des Lebens zu stützen. Die soeben veröffentlichte Denkschrift der deutschen Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung gibt nun ein ebenso erfreuliches wie anschauliches Bild von ihren Veranstaltungen zur Erfüllung dieser großen Aufgabe, und es verlohnt sich sehr Wohl, dasselbe näher kennen zu lernen.
In erster Linie werden in der Denkschrift diejenigen Wohlfahrtseinrichtungen geschildert, welche auf der Grundlage gegenseitiger Selbsthülfe beruhen. Ihr Zweck ist nämlich, zu veranschaulichen, in welchem Umfange innerhalb der fraglichen Berufs- gemeinschast durch die Potenz freiwilliger Fürsorge Wege erschlossen werden, welche das Einzel- und Familienwohl ihrer Angehörigen nachhaltig fördern helfen. Daneben aber kann aus dieser Darstellung entnommen werden, wie diese auf dem Principe der Selbsthülfe beruhenden Maßnahmen fortdauernd eine wesentliche Förderung durch Rath und That von Seiten der Verwaltung finden, welche letztere ihre Organe für den Dienst jener Wohlfahrtsanstalten zur Verfügung gestellt und die Bestrebungen derselben auch durch materielle Beihülfe vielfach in wirksamer Weise unterstützt hat. Somit zeigt der Bericht im Ganzen die segensreichen Folgen harmonischen Zusammenwirkens von freier Selbsthülse und staatlicher Fürsorge, welches, im ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts aus bescheidenen Anfängen beginnend, mit dem Wachsen der Verwaltung an Intensität und Ausdehnung gewonnen und eine Reihe blühender Einrichtungen