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Deutsche Rundschau.
gezeitigt hat, welche schon einer großen Zahl von Hülssbedürftigen ausreichende und nicht beschämende Unterstützung gewährt haben und auch fernerhin zu bieten im Stande sind.
Bevor jedoch diese der Postverwaltung allein eigenthümlichen Wohlfahrtseinrichtungen des Näheren geschildert werden, müssen wir zum Verständniß ihrer Tragweite die sie ergänzenden allgemeinen Veranstaltungen und Gesetze kurz skizziren, in welchen sich die Fürsorge des Reiches für alle seine Beamten bethätigt.
Danach wird einmal für den Fall der Dienstunfähigkeit in der Weise vorgesorgt, daß fämmtliche etatsmäßig angestellten Beamten der Post und Telegraphie gleich den übrigen deutschen Reichsbeamten nach mindestens Zehnjähriger Dienstzeit das Recht auf ein lebenslängliches Ruhegehalt aus der Reichskasse erwerben, sobald sie zur Erfüllung ihrer Amtspflichten körperlich oder geistig dauernd unfähig geworden sind oder das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet haben. Ist die Dienstunfähigkeit Folge eines im Betriebe erlittenen Unfalles, so tritt die Berechtigung zum Ruhegehalt ohne Rücksicht auf die Dauer der Dienstzeit und auch bei nicht-etatsmäßigen Beamten ein.
Sodann ist bei Erkrankungen die gesetzliche Fürsorge so geregelt, daß auch den nicht-etatsmäßig angestellten Beamten ein Anspruch auf Fortgewährung ihres Diensteinkommens in Krankheitsfällen für die Dauer von dreizehn Wochen zusteht.
Endlich sind noch die Hinterbliebenen der Postbeamten durch Reichsgesetz vor Noth geschützt: ihre Witt wen erhalten eine Rente gleich dem dritten Theile desjenigen Ruhegehalts, zu welchem der Verstorbene berechtigt gewesen sein würde, wenn er am Todestage in den Ruhestand versetzt worden wäre; das Waisen geld beträgt für jedes Kind unter achtzehn Jahren ein Fünftel, bei erfolgtem Ableben der Mutter aber ein Drittel des gesetzlichen Witwengeldes.
Die vorliegende Denkschrift übersieht, ihrem Titel gemäß, alle diese durch Reichsgesetz bestimmten Wohlfahrtsmaßnahmen, aber sie legt sich eine weitere Beschränkung noch darin auf, daß sie ausschließlich überhaupt nur solche Veranstaltungen berücksichtigt, deren Wirkungskreis das gesammte Reichsgebiet umfaßt. Hierdurch wird die große Zahl von Hülfsvereinen rein localer Natur ausgeschlossen; denn fast in allen größeren Städten mit zahlreichem Post- und Telegraphenpersonal gibt es Vereinigungen, welche sich die gegenseitige Unterstützung ihrer Mitglieder bei mannigfaltigen Vorkommnissen des Familienlebens, z. B. Sterbefällen u. s. w., zur Aufgabe gesetzt haben.
Von den in der Denkschrift nun behandelten speciellen Wohlfahrtseinrichtungen ist die älteste die Postarmen- und Unterstützungskass e. Sie wurde bereits im Jahre 1713 zu dem Zwecke begründet, den durch Alter oder sonst im Dienste invalid gewordenen Postillonen, denen ein Anspruch auf Staatspension nicht Zustand, angemessene Unterstützungen zu gewähren. Man traf damals die Anordnung, daß von jedem im Dienst befindlichen Postillon ein Beitrag von einem Groschen pro Vierteljahr, von den übrigen Beamten der Postverwaltung ein solcher von einem halben Procent des Einkommens unter zweihundert Thalern und von einem Procent bei einem größeren Einkommen zu Gunsten der aus diesen Mitteln zu bildenden Unterstützungskasse entrichtet werden sollte. Auf diese Weise wurden jährlich ungefähr vierhundert Thaler zufammengebracht, die anfänglich thatsächlich hinreichten, die Zwecke der Anstalt zu erfüllen. Aus diesen bescheidenen Anfängen heraus hat sich diese Kasse im Lause der Zeit zu einer umfassenden Einrichtung entwickelt, deren hauptsächlichste Bestimmung heute dahin geht, allen Angehörigen der Verwaltung und deren Hinterbliebenen da, wo gesetzliche Ansprüche fehlen, durch Gewährung von Pensionen oder Unterstützungen zu Hülfe zu kommen. Dank der beständigen Fürsorge, welche die Postverwaltung dem Gedeihen der Anstalt zugewendet hat, ist es gelungen, die Jahressumme der zu Unterstützungszwecken verfügbaren Mittel von dem ursprünglichen Betrage von vierhundert Thalern aus fast sünfmalhunderttausend Mark zu steigern. Statt der anfänglichen Zahl von dreizehn Personen werden gegenwärtig jedes Jahr gegen els- tausend Personen mit solchen Beihülfen für ihr Fortkommen bedacht. Die Mittel