Literarische Rundschau.
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Zur englischen wissenschaftlichen Literatur.
1. Retters ok Ouviä Uumo to 'VVilliuw Ltralrun. Xo^v ürst öäiteä, ^vitir uotes, mciex ete. Lv ( 1 . LüNbeeü IliZI, v. 0. X., Uowdroüo OoIIeM. — Oxtorct, Otureuäon krsss. 1888 .
David Hume ist den Deutschen und Wohl der gebildeten Welt überhaupt außerhalb Englands heute nur noch als Philosoph bekannt, ja in England selbst hat das Interesse an seinen philosophischen Schriften das an seinem Geschichtswerk, der Uistorx ok OnZlanck, völlig zurückgedrängt; das lehrt als bezeichnendes Beispiel das gute Buch Von Professor Huxley über Hume, worin von 206 Seiten 160 der Philosophie des schottischen Denkers gewidmet sind. Wir sehen in Hume einen Vorläufer Kantus, aber einen Vorläufer von so eigenthümlicher Schärfe und Nüchternheit des Denkens, daß ganz verschieden geartete psychologische Studien an feine Anregungen sich schließen und dieselben fortbilden können, so die englische Logik der Gegenwart. Hume würde ob dieses Schicksals seiner Werke erstaunt fein; denn wenn er gleich feines Berufes als Philosoph sicher war und dies besonders durch seine Aufnahme in Frankreich bestätigt fand, sogar seine letzten Sorgen der Drucklegung philosophischer Aufsätze zuwandte, so maß er doch seiner „Geschichte Englands" sehr viel größere Bedeutung bei und hat sie durch mehrere Jahrzehnte mit peinlicher Sorgfalt verbessert und wieder verbessert, sie galt ihm als sein Lebenswerk.
Das erfährt man nirgends deutlicher als in der vorliegenden Briessammlung. Sie enthält die Zuschriften Hume's an den berühmten Drucker und Verleger William Strahan in London, den Freund Benjamin Franklin's und vieler der ausgezeichnetsten Männer seiner Zeit. Durch zwanzig Jahre, von 1756 bis zum Tode Hume's 1776, währte diese Korrespondenz, welche Lord Roseberry neulich angetanst und dadurch Vor der Zerstreuung an Autographenjäger behütet hat. Ihren Mittelpunkt bildet Drucklegung und Correctur der verschiedenen Auslagen von Hnme's Geschichtswerk. Verfasser und Buchhändler bestreben sich gleichermaßen, das Werk möglichst zu vervollkommnen: Hume durch sachliche und stilistische Besserungen, nicht minder Strahan, den ein wohlgebildetes Sprachgefühl und lange Uebung zu einem trefflichen Berather in Bezug ans Reinheit und Eleganz des Ausdruckes machten. Seltsam muthet es den Leser an, welcher über der Massenproduction unserer Tage die Empfindung nicht bloß für das Geschmackvolle, sondern auch für das einfach Richtige einzubüßen droht, wenn er hier einzelne Worte und Phrasen mit mühevoller Achtsamkeit abwägen sieht. Und doch hielt Samuel Johnson, das stilistische Orakel des Jahrhunderts, Hume keineswegs für einen guten Schriftsteller und warf ihm französische Constructionen vor; freilich urtheilte Horace Walpole mit mehr Recht um Vieles günstiger über Hume als der Schöpfer jener mächtigen Perioden, die uns so schwerfällig dünken wie die schleppenden Brokatmassen eines alten Prachtgewandes. Im Ganzen ist Hnme's Schreibart leicht und elegant, in seinen philosophischen Schriften von bewunderungswürdiger Klarheit.
Aber nicht von Auflagen, Druckbogen und Correcturen allein handeln diese Briefe; je näher sich die Freunde rücken, desto mehr tritt die Politik der Zeit in ihre Korrespondenz ein. Allerdings ausschließlich englische Politik und daneben englische Literatur. Hier ist es, wo die Leistung des Herausgebers am besten gerühmt werden kann. vr. Birkbeck Hill hat sich schon wiederholt mit Schriftstellern des achtzehnten Jahrhunderts beschäftigt, seine sechsbändige Ausgabe von Los>v6!I'8 Into ok ckotmsoo ist ein Denkmal mühsamsten Fleißes und jetzt die fast allein benutzbare. Mit ähnlicher Sorgfalt hat er diesen Briefwechsel edirt und das Buch durch seine, jedem Stück folgenden Anmerkungen zu einer wahren Fundgrube für die Kenntniß englischer Dinge im vorigen Jahrhundert gemacht. Auch die unbedeutendsten Blättchen gewinnen durch diese Umrahmung, und scheinen die Notizen gelegentlich zu weitschweifig, wiederholt