Heft 
(1891) 67
Seite
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Deutsche Rundschau.

wird später als sehr regelmäßig beschrieben. Den Griechen bot sich die Aufgabe erst häufig, als die Nachfolger Alexanders des Großen, die Diadochen und Epigonen, den dörflichen Charakter ihrer Länder systematisch in einen städtischen umwandelten. Die Anordnung ist sehr einfach: den Mittelpunkt, bisweilen auch den wirklichen, bilden die Anlagen, wo das öffentliche Leben sich abspielt, dieMärkte" in antikem Sinne; aus diese münden von allen Seiten die Straßen, die sich übrigens rechtwinklig kreuzen wie in den modernsten Theilen unserer Städte; die antiken erhalten ihren Hauptreiz häufig durch die Unebenheiten ihres Bodens, welcher ein malerisches Bild aus- und absteigender Terrassen verursacht, wo in buntem Wechsel Hallen, Theater, Tempel und andere öffentliche Bauten eingestreut liegen. Aus ehenem Boden sind dann Säulen­straßen, wie sie vereinzelt schon früh Vorkommen, zum bestimmenden Zuge, man kann sagen, gleichsam zum festen Gerüst des Inneren der Städte geworden; so vor Allem in Syrien, in Antiochia, auch in Palmyra, und so auch hier, in Perge und Side, wo die Hallenstraßen mit ihren Steigen für die Fußgänger, mit ihren rückwärtigen Verkaufsräumen ähnlich denLauben" z. B. von Bern wie die wunderschön ausgebauten Mauern und Thürme die Epoche der Epigonen bezeugen.

Die römische Zeit setzt die gewaltigen Bauten hinein, die überall gleichsam ihre Fußspur bilden: Inschriften beweisen freilich, daß diese hier wie fast überall im griechischen Osten nicht von den römischen Machthabern, sondern von einheimischen Patrioten errichtet sind, Patrioten, deren werkthätigem Ehrgeiz die kleinasiatischen Städte überhaupt ihre späte Blüthe zum größesten Theile verdanken. Hier handelt es sich neben Thermen vor Allem um Theater, unter welchen das von Aspendos das besterhaltene der alten Welt ist und nun zum ersten Male im Bilde vollendet vor uns liegt. Eigenthümlich sind die Ny mp ha een, reiche palastartige Faoaden, aus denen vielfache Wasserstrahlen in geräumige Bassins herabsprudelten, und deren Vorbild vielleicht auch von Osten stammt: wenigstens sind Beispiele in Antiochia und Heliopolis (Baalbek) sicher, in Bostra und Gerasa mir wahrscheinlich. Einzig im Osten der alten Welt steht die Wasserleitung von Aspendos da, die nach dem Gesetz der communicirenden Röhren angelegt ist; eine gewaltige Leistung, und für eine Stadt, die, wie alle pamphylischen, welche noch meßbar sind, an Flächeninhalt weit z. B. hinter Worms (540 000 Quadratmeter, 19 000 Einwohner) zurückbleibt, während Side mit seinen 416 000 Quadratmetern Luxemburg (16 700 Einwohner) sehr nahe kommt; seine 13 000 Theaterplätze geben daher viel zu denken aus. Fruchtbar für viele Zweige des antiken Lebens werden diese genauen und, man möchte sagen, liebe­vollen Untersuchungen werden. Der letzte und schönste Erfolg liegt aber wohl auch in diesem Falle wieder darin, daß an Stelle vager und zusammenhangsloser Vor­stellungen bestimmte Anschauung und lebendige Bilder treten können.

Königsberg i. Pr. Gustav Hirschseld.

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