Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

Er führte das noch weiter aus und fügte hinzu, daß ihn Gieshübler, der den ganzenitalienischen Stiefel" bis Palermo kenne, gebeten habe, mit dabei fein zu dürfen. Effi, der ein ganz gewöhnlicher Plauderabend ohne denitalienischen Stiefel" (es sollten sogar Photographien herumgereicht werden) viel, viel lieber gewesen wäre, antwortete mit einer gewissen Gezwungenheit; Jnnstetten indessen, ganz erfüllt von seinem Plane, merkte nichts und fuhr fort:Natürlich ist nicht bloß Gieshübler zugegen, auch Roswitha und Annie müssen dabei sein, und wenn ich mir dann denke, daß wir den Canal grande hinaus fahren und hören dabei ganz in der Ferne die Gondoliere singen, während drei Schritte von uns Roswitha sich über Annie beugt undBuhküken von Halberstadt" oder so 'was Aehnliches zum Besten gibt, so können das schöne Winterabende werden, und Du sitzest dabei und strickst mir eine große Winterkappe. Was meinst Du dazu, Effi?"

Solche Abende wurden nicht bloß geplant, sie nahmen auch ihren Anfang, und sie würden sich, aller Wahrscheinlichkeit nach, über viele Wochen hin aus­gedehnt haben, wenn nicht der unschuldige harmlose Gieshübler, trotz brößter Abgeneigtheit gegen zweideutiges Handeln, dennoch im Dienste zweier Herren gestanden hätte. Der Eine, dem er diente, war Jnnstetten, der Andere war Crampas, und wenn er der Jnnstetten'schen Aufforderung zu den italienischen Abenden, schon um Efsi's willen, auch mit aufrichtigster Freude Folge leistete, so war die Freude, mit der er Crampas gehorchte, doch noch eine größere. Nach einem Crampas'schen Plane nämlich sollte noch vor WeihnachtenEin Schritt vom Wege" aufgeführt werden, und als man vor dem dritten italienischen Abend stand, nahm Gieshübler die Gelegenheit wahr, mit Esst, die die Rolle der Ella spielen sollte, darüber zu sprechen.

Essi war wie elektrisirt; was wollten Padua, Vicenza daneben bedeuten! Essi war nicht für Ausgewärmtheiten; Frisches war es, wonach sie sich sehnte, Wechsel der Dinge. Aber als ob eine Stimme ihr zugerusen hätte:sieh' Dich vor!" so fragte sie doch, inmitten ihrer freudigen Erregung:Ist es der Major, der den Plan ausgebracht hat?"

Ja. Sie wissen, gnädigste Frau, daß er einstimmig in das Vergnügungs- comito gewählt wurde. Wir dürfen uns endlich einen hübschen Winter in der Ressource versprechen. Er ist ja wie geschaffen dazu."

Und wird er auch mitspielen?"

Nein, das hat er abgelehnt. Ich muß sagen, leider. Denn er kann ja Alles und würde den Arthur von Schmettwitz ganz vorzüglich geben. Er hat nur die Regie übernommen."

Desto schlimmer."

Desto schlimmer?" wiederholte Gieshübler.

O, Sie dürfen das nicht so feierlich nehmen; das ist nur so eine Redens­art, die eigentlich das Gegentheil bedeutet. Aus der anderen Seite freilich, der Major hat so 'was Gewaltsames, er nimmt einem die Dinge gern über den Kops fort. Und man muß dann spielen, wie er will, und nicht, wie man selber will."

Sie sprach noch so weiter und verwickelte sich immer mehr in Widersprüche.