Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

Daß er fort ist. Er sagt eigentlich immer dasselbe. Wenn er wieder da ist, Wird er wenigstens vorübergehend 'was Neues zu sagen haben."

Jnnstetten's Blick flog scharf über sie hin. Aber er sah nichts, und sein Verdacht beruhigte sich wieder.Ich will auch fort," sagte er nach einer Weile, sogar nach Berlin; vielleicht kann ich dann, wie Crampas, auch mal 'was Neues mitbringen. Meine liebe Efsi will immer gern 'was Neues hören; sie langweilt sich in unserm guten Kessin. Ich werde gegen acht Tage fort sein, vielleicht noch einen Tag länger. Und ängstige Dich nicht ... es wird ja Wohl nicht wiederkommen... Du weißt schon, da oben. . . Und wenn doch, Du hast ja Rollo und Roswitha."

Esfi lächelte vor sich hin, und es mischte sich etwas von Wehmuth mit ein. Sie mußte des Tages gedenken, wo Crampas ihr zum ersten Male gesagt hatte, daß er mit dem Spuk und ihrer Furcht eine Komödie spiele. Der große Erzieher! Aber hatte er nicht recht? War die Komödie nicht am Platz? Und allerhand Widerstreitendes, Gutes und Böses, ging ihr durch den Kopf.

Den dritten Tag reiste Jnnstetten ab.

lieber das, was er in Berlin vorhabe, hatte er nichts gesagt.

Einundzwanzigstes Capitel.

Jnnstetten war erst vier Tage fort, als Crampas von Stettin wieder eintraf und die Nachricht brachte, man hätte höheren Orts die Absicht, zwei Schwadronen nach Kessin zu legen, endgültig fallen lassen; es gäbe so viele kleine Städte, die sich um eine Kavallerie - Garnison, und nun gar um Blücher'sche Husaren, bewürben, daß man gewohnt sei, bei solchem Anerbieten einem herzlichen Entgegenkommen, aber nicht einem zögernden zu begegnen. Als Crampas dies mittheilte, machte der Magistrat ein ziemlich verlegenes Gesicht; nur Gieshübler, weil er der Philisterei seiner Kollegen eine Niederlage gönnte, triumphirte. Seitens der kleinen Leute griff, beim Bekanntwerden der Nach­richt, eine gewisse Verstimmung Platz, ja selbst einige Consuls mit Töchtern waren momentan unzufrieden; im Ganzen aber kam man rasch über die Sache hin, vielleicht weil die nebenherlaufende Frage,was Jnnstetten in Berlin vorhabe," die Kessiner Bevölkerung oder doch wenigstens die Honoratiorenschaft der Stadt mehr interessirte. Diese wollte den überaus wohlgelittenen Land­rath nicht gern verlieren, und doch gingen darüber ganz ausschweifende Ge­rüchte, die von Gieshübler, wenn er nicht ihr Erfinder war, wenigstens genährt und weiter verbreitet wurden. Unter Anderem hieß es, Jnnstetten würde als Führer einer Gesandtschaft nach Marocco geh'n und zwar mit Geschenken, unter denen nicht bloß die herkömmliche Vase mit Sanssouci und dem neuen Palais, sondern vor Allem auch eine große Eismaschine sei. Das Letztere er­schien, mit Rücksicht aus die maroccanischen Temperatur-Verhältnisse, so wahr­scheinlich, daß das Ganze geglaubt wurde.

Esfi hörte auch davon. Die Tage, wo sie sich darüber erheitert hätte, lagen noch nicht allzu weit zurück; aber in der Seelenstimmung, in der sie sich seit Schluß des Jahres befand, war sie nicht mehr fähig, unbefangen und