Caterina Sforza.
109
Söhne gewesen seien. Andere erklärten die Unfreiheit des Papstes anders. Die Dinge lassen sich nicht mit dem rechten Namen nennen, und es mag hier nur eine Stelle Schmarsow's reproducirt werden, die über das sittliche Empfinden des Papstes Alles sagt: „Wenn ein hochgeachteter Prediger, wie Paolo Toscanella, es wagt, von der Kanzel herab in St. Peter die Sitten' des Papstes und seiner Günstlinge und Cardinäle auss Heftigste zu geißeln, so daß die ganze Zuhörerschaft in Bewegung kommt, und einige vor Scham nicht zu bleiben wissen — so deutlich nannte er die Dinge bei ihrem Namen — da hört Sixtus, dem man die Verwegenheit meldete, im Bewußtsein seiner Unnahbarkeit ganz ruhig zu, und seine Antwort ist statt eines Haftbefehls — ein Lächeln" H. —
Das war die Familie, an die das zehnjährige, bildschöne Herzogskind aus Mailand für den Rest seines Lebens ausgeliesert wurde! Vorläufig War es noch in der Hut seiner frommen Adoptivmutter Bona, und Girolamo Riario hatte noch keine Sorgen, daß es doch einmal seinen Krallen entgehen werde. Denn der Herzog Galeazzo Maria suchte sich aus gutem Fuße mit dem Papste und dessen Nepoten zu halten. Er hatte zwar die romagnolische Stadt Jmola, die zum Kirchenstaat gehörte, aber in seinen Besitz gekommen war, zum großen Verdrusse des Papstes an die Florentiner verkauft, ließ sich aber doch bald wieder vom Papste umstimmen, und trat sie nun wieder gegen 40 000 Ducaten an diesen ab, der mit Zustimmung der Cardinäle seinen Neffen Girolamo Riario zum Herrn derselben machte. So innig war das Verhältniß des Papstes und der Seinigen mit dem Herzog von Mailand, daß, als der Cardinal Pietro Riario sich zu diesem nach Mailand begeben hatte, das Gerücht verbreitet war, der Papst wolle dem Herzog den Titel eines Königs der Lombardei verleihen, wogegen dieser dem Cardinal zur Erlangung der päpstlichen Tiara verhelfen solle. Der Tod des jungen Wüstlings ließ aber diese Pläne nicht zur Ausführung kommen, wenn sie wirklich bestanden haben. Denn der Cardinal von S. Sisto starb zum größten Schmerze des Papstes schon am 4. Januar 1474. Obwohl er in den wenigen Jahren, die er als Cardinal in Rom gelebt hatte, ungeheure Summen vergeudet hatte, war sein Nachlaß doch ein sehr reicher. Er ging aus seinen Bruder Girolamo über, und diesem fiel auch jetzt der Einstuß auf seinen Onkel zu, den bisher sein Bruder ausgeübt hatte. Wenig tüchtig, wie er war, konnte er seinem Vetter, dem Cardinal Giuliano della Rovere, in der Führung der Staatsgeschäfte und kriegerischen
0 S. 203. Es ist sehr charakteristisch, wie Pastor, der sich sonst so gern auf Schmarsow gegen die Verurtheiler Sixtus' IV. beruft und ihn so häufig wörtlich citirt, sich diese Dinge zurecht legt. „In Rom selbst drangen begeisterte Bnßprediger wiederholt aus Besserung und Einkehr. Auch Weltgeistliche mahnten und drohten, daß Gott zur Strafe die Türken nach Rom kommen lassen werde. Der Papst legte solchen sreimüthigen Männern nicht nur nichts in den Weg, sondern förderte sie sogar, wußte er doch, welche heilsamen Folgen die Bußprediger gegenüber dem großen Verderben der Renaissancezeit errungen hatten." Dazu bemerkt er in einer Anmerkung: „Aus Volaterranus 173 ist bekannt, daß Sixtus IV. auch dann nicht einschritt, als Pater Paolo Toscanella an dem päpstlichen Hofe gegen den Papst, dessen Familie und die Cardinäle auf das Heftigste predigte" (Bd. II, S. 546). Der unschuldige, liberale Papst!