Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

Stämmen eindrucksvoll aus der Umgebung hervor. Besonders gerne ruht auf ihnen das Auge, wenn sie am Bergesabhang stehen, oft malerisch um einzelne Felsblöcke gruppirt. Die Korkeiche wächst mit Vorliebe aus einem Boden, der aus verwittertem Granit und Schiefer entstand, während sie den Kalkstein meidet. Daher die Korkeichenwälder des Maurengebirges eine Culturinsel in der Provence bilden, ähnlich wie das Gebirge selbst eine orographische Insel dort darstellt. In den umgebenden Kalkalpen wird man die Korkeiche nicht finden, ja nach ihr vergeblich in Mentone und Nizza, selbst in Cannes schon suchen. Wie die Korkeichenwälder des Maurengebirges das Urgestein seiner Berge verrathen, so zeigen Kalkpflanzen den Kalk der angrenzenden Alpen an. Unter Umständen wird ganz vereinzelt eingestreutes Gestein in solcher Weise äußerlich durch den Pflanzenwuchs kenntlich. So fiel vor einigen Jahren dem Forstinspector de Saint-Venant in dem Walde von Orleans ein schmaler, kilometerlanger Streifen kalkholder Pflanzen aus, während die übrige Flora im Walde aus Kieselboden hinwies. Das regte ihn zu Ausgrabungen an, die in wechselnder Tiefe das Vorhandensein einer alten, mit Kalksteinen gepflasterten römischen Straße ergaben.

Die Korkeichen werden im Maurengebirge während des Sommers geschält. Man schält sowohl die Stämme wie die dicksten Aeste, doch hier wie dort gleichzeitig nur an einzelnen Theilen; denn es gilt als schädlich, den ganzen Baum auf einmal zu entblößen. Besonders eigenartig sehen die entblößten Theile gleich nach geschehener Schälung aus; sie zeigen die Farbe des mensch­lichen Körpers. Erst allmälig dunkeln sie nach. Zur Vornahme der Schälung, die alsäsnmelaM« bezeichnet wird, führt der Arbeiter zunächst zwei Schnitte rings um den Baum durch die ganze Tiefe der Korkschicht aus und verbindet diese Kreisschnitte durch Längsschnitte, deren Zahl sich nach der Dicke des Baumes richtet. Diese Operation führt er mit einer Apt aus, die einen keil­förmig zugeschärften Stiel besitzt. Mit letzterem fährt er dann von den Ein­schnitten aus unter die Korkschicht und hebt sie ab. Dann beschwert er die Korkplatten mit Steinen, damit sie ihre Rundung verlieren, hält sie auch Wohl über Feuer und kohlt ihre Oberfläche ein wenig an. Unter allen Um­ständen müssen die Korkplatten trocken werden, bevor man sie versendet.

Der Kork ist das natürliche Schutzmittel der Pflanzen: sie schließen sich damit gegen die Umgebung ab. Die ältere Rinde aller unserer Sträucher und Bäume ist mit Kork bedeckt und dankt ihm ihre Färbung. Der Kork läßt Gase und Flüssigkeiten nicht durch, ist elastisch und sehr widerstandskräftig; das befähigt ihn nicht nur zu seiner Aufgabe an der lebenden Pflanze, sondern bedingt auch seine technische Brauchbarkeit. Wird eine Pflanze verletzt, so bildet sich Kork an der Wunde und schließt dieselbe ab: daher auch der neue Kork an der geschälten Korkeiche. Wie jedes andere Gewebe besteht der Kork aus Zellen. Ja, ein Korkstück war es, in welchem Robert Hooke im Jahre 1667 jene Kammern entdeckte, die er Zellen nannte, weil sie ihm den Zellen der Bienenwaben zu entsprechen schienen. Den Zellen eines fertigen Korkes fehlt freilich der lebendige Zellleib, jener Inhalt, der das Wesen einer Zelle ausmacht. Den büßt die Korkzelle bald nach ihrer Entstehung ein, um nur