Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

scheint von flüssigem Silber zu sein, während die Fluthen des Golses von Giens den rothen Abendhimmel Widerspiegeln. Wir sättigen uns an dieser Farbenpracht und lassen das geblendete Auge dann auf dem dunklen Grün der fernen Wälder ruhen. Sanft breitet der purpurne Schein sich aus über das ganze Meer, und in dem Glanz der Abendsonne schimmern jetzt die goldenen Inseln von Hybres wirklich so, als wären sie von Gold.

In Bormes sind vor den Häusern große Mengen von Kork aufgeschichtet. Wir treten in ein Haus ein, in dem Kork geschnitten wird, und sehen, srennd- lich empfangen, uns die Arbeit an. Der Mann macht Stopfen mit Hülfe einer Drehbank. Er fügt eckige Korkstücke in dieselbe ein, versetzt sie in Drehung und rückt eine Art Hobel heran, der das Korkstück schneidet. Große Hebung verlangt das sichere und rasche Einfügen der Korkstücke in die Dreh­bank, so daß sie gleich richtig centrirt sind. Ist der Arbeiter geschickt, so macht er Hunderte von Stopfen in der Stunde, während er es früher beim Schneiden ans freier Hand kaum aus tausend Stück im ganzen Tag bringen konnte. Die Korkplatten müssen mit Wasser gebrüht werden, ehe man sie in die eckigen Stücke zerlegt. Sie schwellen dabei nicht unwesentlich an. Die Längsachse der Stopfen entspricht der Längsrichtung der Platten; man muß sich somit die Stopfen in der Rinde des Baumes aufrecht stehend denken.

Die Abfälle beim Schneiden der Stopfen sind durchaus nicht werthlos. Sie können zum Polstern dienen und werden auch Wohl verkohlt, um eine schwarze Farbe, das nigrum üwxanieum, oder um Zahnpulver zu liefern. Gepulverter Kork, mit verdicktem Leinöl angerührt und aus wasserdichtes Segel­tuch aufgetragen, gibt den als Linoleum bezeichnten Korkteppich, mit dem man die Fußböden deckt.

Die allgemeine Verwendung des Korkes für Flaschenverschluß greift nicht weiter als in das siebzehnte Jahrhundert zurück. Sie fiel zusammen mit der Verbreitung unserer enghalstgen Glasflaschen, die man kaum vor dem fünfzehnten Jahrhundert herzustellen begann. Im Mittelalter wurden kleine Gesäße aus Holz, Thon oder Metall verfertigt und mit Zapfen von gleichem Stoff verschlossen oder auch nur mit Wachs verklebt. Die Fässer verspundete man mit Holzpflöcken. Die Alten benützten zum Verschluß ihrer Amphoren sowohl Holz- als auch Korkstopsen, die sie mit einem Kitt aus Harz, Kreide und Oel oder auch mit Pech umgaben. Häufiger noch wurde die Oeffnung dieser Gefäße nur mit Gyps, mit Harz, Pech oder Wachs zngeschmiert. Auf den Wein gossen sie Oel, so wie das heute noch in Italien geschieht, und suchten ihn so vor Luftzutritt zu schützen. Nach Plinius dienten den Römern Korkstücke auch schon als Schwimmer an den Fischnetzen und als Bojen an den Ankern; nicht minder wurden die Schuhsohlen für Frauen aus diesem Stoffe bereits hergestellt.

Ties in das Maurengebirge schneidet der Golf von St. Tropez, der Sinus Sambracitanus der Alten, ein. An feinem Ufer sieht man schon aus der Ferne die Häuser von St. Tropez in bunten Farben schimmern. Von dort aus erscheint die Meeresbucht wie ein geschlossener See. Ihre azurnen Fluthen haben die Klarheit und den Schmelz eines dunklen Saphirs. Man