Botanische Streifzüge an der Riviera.
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blickt über dieselbe ins Maurengebirge hinein. Scharf stechen seine Höhen vom nördlichen Himmel ab. Im Osten wird das Bild in duftiger Ferne durch die zackigen Gipfel des Esterels begrenzt. Ueber diesen, hoch in den Wolken, glänzt der Schnee der Alpen. Hier an diesem blauen Golf hat einst die Heraclea Cacabaria gestanden. Ein Herculestempel, so heißt es, gab der Stadt den Namen. Das Land war von Camatullikern bewohnt. — Dann schildert die Sage, wie im Jahre 66 n. Ehr. an jenem Strand der Körper des heiligen Tropez gelangte. Dieser hatte unter Nero hohe Würden bekleidet; sein Vetter, Salvius Otho, wurde im Jahre 69 n. Ehr. zum Kaiser proclamirt. Er selbst legte alle seine Aemter nieder, nachdem ihn der Apostel Paulus zum Christenthum bekehrt hatte, und zog sich nach Pisa zurück. Dort ließ alsbald Nero unter einer ehernen Himmelsdecke mit großem theatralischen Pomp Diana und Apollo anbeten. St. Tropez weigerte sich dessen, er wurde ergriffen, auf Befehl von Nero gemartert, enthauptet und sein Körper dann auf einem schlechten Nachen in das Meer gestoßen. Ein Hund und ein Hahn, die man zugleich in den Nachen setzte, sollten sich an dem Körper weiden. Doch weder der Hund noch der Hahn berührten den Heiligen, sie stellten sich als Wächter an demselben auf. Ein Engel ließ sich am Steuer nieder und führte den Nachen sicher durch die Fluth bis nach Heraclea. Durch das Krähen des Hahnes gerufen, sammelten sich dort die Christen am Strande und nahmen den Körper des Heiligen mit hohen Ehren auf.
Im neunten Jahrhundert wurde das alte Heraclea von den Saracenen zerstört, und nur antike Mauern und Gräber zeigen den Ort noch an, aus dem es einst gestanden. Das heutige St. Tropez reicht nicht weiter als bis in das fünfzehnte Jahrhundert zurück. Es verdankte sein Aufblühen genuesischen Familien, die sich hier niederließen. Zahlreiche Wachtthürme um die Stadt, sowie die Festungswerke über derselben zeigen an, daß St. Tropez sich oft noch gegen Seeräuber und andere Feinde zu vertheidigen hatte. Heute wird es nur noch durch Zollwächter geschützt, die von den Höhen aus den Strand überwachen. So verändern sich die Zeiten; früher mußte der Ort die Corsaren abwehren, die ihn berauben wollten, heute sich gegen die Schmuggler schützen, die ihn gern versorgen möchten.
St. Tropez ist ein Hauptort des Korkhandels geworden; zahlreiche Schiffe werden mit dieser Waare beladen, die aus allen Theilen des Maurengebirges hier zusammenströmt.
III.
Zum klimatischen Kurort dürfte St. Tropez Wohl schwerlich jemals erhoben werden, denn es ist zu sehr den Winden ausgesetzt. Gegen das offene Meer deckt das vorspringende Cap den Hafen, doch der Mistral und der Ostwind treiben die Fluthen des Golfes in denselben hinein. Daß bei heftigem Sturm die Wellen bis aus den Userdamm Vordringen, das zeigt der eigenartige Bau mancher dort stehender Häuser an. Sie sind unten ohne Fenster, nur mit kleinen, dicht schließenden Thüren versehen, zugleich eingewölbt, so wie der Fuß eines Leuchtthurmes, der dem Meere trotzt. — Von den Winden