Heft 
(1894) 82
Seite
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Deutsche Rundschau.

Dies sind im Allgemeinen die Darstellungsarten, die bei der Gewinnung der Riechstoffe in Anwendung kommen. Das Verfahren wird freilich im Ein­zelnen abgeändert. So schüttet man oft die Blumen nicht unmittelbar in das geschmolzene Fett, hängt sie vielmehr in Drahtkörben in die Gefäße, durch die man warmes Fett stießen läßt. Es kann andererseits auch erwünscht fein, daß die Blüthen nicht unmittelbar mit dem Fett in Berührung kommen, weil Letzteres nicht allein den Riechstoff, sondern auch andere Substanzen aus den Blüthen aufnimmt. Dann werden die Glasscheiben durch verzinnte Draht­netze in den Holzrahmen ersetzt. Ans ein solches Drahtnetz werden die Blüthen gestreut, das nächste erhält das Fett, und so immer abwechselnd. Das Fett wird in diesem Fall zu nudelartigen Fäden ausgearbeitet, um möglichst viel Oberstäche zu gewinnen. Die Rahmen schiebt man in einen Schrank, in Welchem Blasebälge die Lust in langsamer Bewegung erhalten. So streicht der Dust an den feinen Fettfäden vorüber und wird von ihnen absorbirt. Die Blüthen aus den Rahmen ersetzt man nach Bedarf durch neue. Soll der wohlriechende Stoff durch ein Oel ausgenommen werden, so wirft man die Planzentheile in dasselbe hinein oder hängt sie in Tüchern in das Oel, oder breitet sie endlich auf Tüchern aus, die mit Oel getränkt sind: so erhält man diekuiws anticiuesN Von großer Bedeutung ist für die Parfümindustrie das nachträgliche Reinigen ihrer Essenzen, was meist durch wiederholte De­stillation geschieht. Viel Umsicht und Erfahrung sind nöthig, damit der Duft bei der Reinigung nicht leide.

Die Möglichkeit, den Pflanzen ihren Wohlgernch durch Fett zu entziehen, gestattet es auch im Kleinen, die feinste Pomade aus Pflanzen herzustellen, die sonst vielleicht nutzlos im Garten verblühen. Möglichst reines Fett, das man auf eine Scheibe streicht, und ein gut verschließbarer Kasten, in den man die Scheibe legt, reichen aus, um den Erfolg zu sichern. Man muß die Blüthen, mit den Kronen abwärts gekehrt, auf das Fett lagern, den Kasten dann ver­schließen und die Blüthen erneuern, bevor sie welk geworden. Der Name Po­made oder vielmehr Pommade rührt von Apfel »pommnnO her und war da­durch veranlaßt, daß man früher Aepfel zur Herstellung solcher duftender Fette verwandte. Ein Apfel wurde mit wohlriechenden Gewürzen, vornehm­lich mit Nelken gespickt und, nachdem er einige Tage an der Luft gelegen, in Fett eingeschmolzen. Erschien das Fett durch deu ersten Apfel nicht aus­reichend parfümirt, so ließ man ihm einen zweiten folgen.

XIII.

Man sieht um Graste viel Rosen, die für die Parfümfabriken gezogen Werden. Es sind das nicht solche, wie sie im Winter versandt, die Blumen­läden ganz Europa's jetzt schmücken, vielmehr Centifolien und Damascener- rosen. Man pflückt die im Oeffnen begriffenen Blüthen am Morgen, sobald der Thau verschwindet. Die Erntezeit fällt in den Mai und Juni. Jeder Rosenstock liefert in Graste durchschnittlich zwei bis dreihundert Gramm Blüthen, doch tausend Kilogramm ergeben kaum 150 Gramm Rosenöl. Da darf man sich nicht Wundern, daß ein Kilogramm Rosenöl über tausend