Literarische Notizen.
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fassers der Petrus der römischen Kirche ist. Die alte Anklage gegen Paulus, daß er das Christenthum Christi verfälscht habe, ist von E. v. Bunsen jedenfalls sehr originell erneuert morden.
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Dieses vorzügliche, an Gedanken und Ergebnissen reiche Werk beruht auf dem Grundgedanken, daß die ältesten Einrichtungen Europa's das Papstthum, die englische Kirche und die englische Monarchie sind, und daß die beiden letzteren sich niemals, zu gar keiner Zeit dem ersteren schlechthin untergeordnet haben. Nichts ist falscher als von dem „kirchlichen Supremat der Tudors" zu sprechen. Keine Thatsache der englischen Geschichte ist vielmehr gesicherter als die, daß von den Anfängen des angelsächsischen Königthums an dieses Königthum eine gewaltige Macht über die englische Kirche besessen hat, daß es alle Befugnisse, welche die Canonisten mit dem Wort der „äußeren Jurisdiction" verbanden, ausübte, daß es also die Vorschriften der Kirche durchführte, die Bischöfe und den Clerus zur Erfüllung ihrer Pflichten anhielt, das kirchliche System vor aller Unbill von außen und innen beschützte und die Reinheit des Glaubens aufrecht hielt. Edgar der Friedfertige (959—975) erklärt, daß er das Schwert Constantin's in seiner Hand halte, daß er in seinem Reich der Statthalter des Herrn, der Hirt der Hirten und der Stellvertreter Christi auf Erden sei. Die normännischen Könige hielten alle diese Rechte eifersüchtig aufrecht und wehrten alle fremden Eingriffe von ihrer Kirche ab: kein Bischof oder Abt durfte ohne königliche Erlaubniß nach Rom reisen, keine päpstliche Bulle ohne vorherige Kenntnißnahme des Souveräns verkündigt werden. Erst von der zweiten Hälfte der Regierung Johann's an bis zur Thronbesteigung Eduard's I. bestand eine enge Verbindung zwischen dem Papstthum und der englischen Monarchie; eben dadurch wurde aber auch eine Reaction herbeigeführt: es begann der lange Kampf der englischen Könige mit dem Papstthum, während dessen durch mehrere „Statuten", namentlich das Statut pirasinnnirs, die alte kirchliche Oberhoheit der Monarchie hergestellt wurde. Heinrich VIII. hat nach den zutreffenden Worten des Erzbischofs Bramhall in England nur solche päpstliche Ansprüche beseitigt, die mit den alten Gesetzen des Landes in unlöslichem Widerspruch standen; wenn schließlich auch die geistliche Oberhoheit der Päpste über England hinfällig wurde, so trägt die Schuld Paul III-, der durch den Bannfluch, den er gegen den König
und seine Anhänger schleuderte, erst den völligen Bruch herbeiführte. Wie festgewurzelt die königliche Macht über die Kirche war, das lehrt nichts besser als der Umstand, daß selbst Maria, die den Frieden mit dem Papste herstellte, doch genau dieselben Rechte in Ansprach nahm und ausübte wie ihr Vater. Indem dann die Päpste einen dreißigjährigen Krieg gegen Elisabeth führten, und zwar mit jedem Mi'ttel führten, haben sie die Engländer mit Gewalt protestantisch gemacht und in ihnen den Glauben hervorgerufen, daß die römisch-katholische Religion mit dem Bestand Englands unvereinbar sei; die Folge war, daß die Katholiken erst seit 1778, wo sie erstmals ihre Loyalität bekannten, emaneipirt worden sind.
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Lr6lrlxn6. Daris Ots. dsVranHusvillk.
Vol. I—II. l'Lri». ItotÜ8o1ii'1(t. 1893.
Ein gelehrter französischer Jurist, der ehemalige Advocat Graf Franqueville, hat es unternommen, für die Franzosen zu tyun, was Professor Gneist für uns Deutsche gethan hat, und die Geschichte der politischen Institutionen des britischen Reiches zu schreiben. Das vorliegende Werk über die englische Gerichtsbarkeit ist bereits das zehnte in der Reihenfolge, in welcher der Verfasser seit 1861 dieser ungeheuren Aufgabe gerecht zu werden sucht. Er bezeichnet es als die nothwendige Ergänzung seiner 1887 vollendeten, drei starke Bände umfassenden Geschichte ! der britischen Negierung und des britischen ! Parlamentes. Die Vorarbeiten dazu haben ihn ! dreißig Jahre lang beschäftigt und einen nicht i unerheblichen Theil dieser Zeit hat er dazu verwendet, in englischen Gerichtshöfen, im Parla- ment und im Gefolge des Lord Chief Justice ! und der Richter der Queen's bsnach die Hand- ! habung der englischen Justiz auf praktischem Wege kennen zu lernen. Er hat die beredtsamsten Anwälte sprechen gehört und in London und in der Provinz bei der Sollicitors gearbeitet. Minister und Lords-Kanzler haben mit bereitwilligem Entgegenkommen seine Forschungen gefördert und ihm Eintritt in die verschiedenen Abtheilungen der Polizeiverwaltung und die Strafanstalten gewährt. Im Verkehr mit dem Richterpersonal, den Geschworenen, den Angeklagten, den Anwälten hat er Erfahrungen gesammelt und Kenntnisse sich angeeignet, die in Büchern nicht zu finden sind. Er kennt England, seine Institutionen und seine Rechtspflege wie ein geborener Engländer, und vermag wie Gneist, den er fleißig studirt hat und fortwährend anführt, dieses eigentümliche, auf Herkommen und Tradition nicht weniger als auf geschriebenen Gesetzesvorschriften beruhende Nechtssystem mit den Institutionen des eigenen Landes zu vergleichen und verständlicher zu machen.