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Deutsche Rundschau.
„Ach, ich bitte Dich, Geert, das bildest Du Dir wieder ein. Die arme Frau! Mir ist nichts ausgefallen."
„Weil Du sür derlei keine Augen hast. Aber es war so wie ich Dir sage, und der arme Crampas war wie befangen dadurch und mied Dich immer und sah Dich kaum an. Was doch ganz unnatürlich ist; denn erstens ist er überhaupt ein Damenmann, und nun gar Damen wie Du, das ist seine besondere Passion. Und ich wette auch, daß es Keiner besser weiß, als meine kleine Frau selber. Wenn ich daran denke, wie, Pardon, das Geschnatter hin und her ging, wenn er Morgens in die Veranda kam oder wenn wir am Strande ritten oder ans der Mole spazieren gingen. Es ist, wie ich Dir sage, er traute sich heute nicht, er fürchtete sich vor seiner Frau. Und ich kann es ihm nicht verdenken. Die Majorin ist so etwas wie unsere Frau Kruse, und wenn ich zwischen beiden Wählen müßte, ich wüßte nicht wen."
„Ich wüßt' es schon; es ist doch ein Unterschied zwischen den Beiden. Die arme Majorin ist unglücklich, die Kruse ist unheimlich."
„Und da bist Du doch mehr für das Unglückliche?"
„Ganz entschieden."
„Nun höre, das ist Geschmackssache. Man merkt, daß Du noch nicht unglücklich warst. Uebrigens hat Crampas ein Talent, die arme Frau zu escamo- tiren. Er erfindet immer Etwas, sie zu Hause zu lassen."
„Aber heute war sie doch da."
„Ja, heute. Da ging es nicht anders. Aber ich habe mit ihm eine Partie zu Oberförster Ring verabredet, er, Gieshübler und der Pastor, auf den dritten Feiertag, und da hättest Du sehen sollen, mit welcher Geschicklichkeit er bewies, daß sie, die Frau, zu Hause bleiben müsse."
„Sind es denn nur Herren?"
„O bewahre. Da würd' ich mich auch bedanken. Du List mit dabei und noch zwei, drei andere Damen, die von den Gütern ungerechnet."
„Aber dann ist es doch auch häßlich von ihm, ich meine von Crampas, und so 'was bestraft sich immer."
„Ja, 'mal kommt es. Aber ich glaube, unser Freund hält zu Denen, die sich über das, was kommt, keine grauen Haare wachsen lassen."
„Hältst Du ihn sür schlecht?"
„Nein, sür schlecht nicht. Beinah' im Gegentheil, jedenfalls hat er gute Seiten. Aber er ist so'n halber Pole, kein rechter Verlaß, eigentlich in nichts, am wenigsten mit Frauen. Eine Spielernatur. Er spielt nicht am Spieltisch, aber er hazardirt im Leben in einem fort, und man muß ihm aus die Finger sehen."
„Es ist mir doch lieb, daß Du mir das sagst. Ich werde mich vorsehen mit ihm."
„Das thu'. Aber nicht zu sehr; dann Hilst es nichts. Unbefangenheit ist immer das Beste, und natürlich das Allerbeste ist Charakter und Festigkeit und, wenn ich solch' steifleinenes Wort brauchen darf, eine reine Seele."
Sie sah ihn groß an. Dann sagte sie: „Ja, gewiß. Aber nun sprich nicht mehr, und noch dazu lauter Dinge, die mich nicht recht froh machen