„Ja, was weiß man nicht Alles und handelt doch, als ob man es nicht wüßte. Das kann nie 'was werden."
„Es soll ja auch nichts werden, gnäd'ge Frau . . ."
„Denn wenn Du denkst, sie sei krank, da machst Du die Rechnung ohne den Wirth. Die Kranken leben am längsten. Und dann hat sie das schwarze Huhn. Vor dem hüte Dich, das weiß Alles und plaudert Alles aus. Ich weiß nicht, ich habe einen Schauder davor. Und ich wette, daß das Alles da oben mit dem Huhn zusammenhängt."
„Ach, das glaub' ich nicht. Aber schrecklich ist es doch. Und Kruse, der immer gegen seine Frau ist, kann es mir nicht ausreden."
„Was sagte der?"
„Er sagte, es seien bloß Mäuse."
„Nun, Mäuse, das ist auch gerade schlimm genug. Ich kann keine Mäuse leiden. Aber ich sah ja deutlich, wie Du mit dem Kruse schwatztest und vertraulich thatest, und ich glaube sogar, Du wolltest ihm einen Schnurrbart anmalen. Das ist doch schon sehr viel. Und nachher sitzest Du da. Du bist ja noch eine schmucke Person und hast so 'was- Aber sieh' Dich vor, so viel kann ich Dir bloß sagen. Wie war es denn eigentlich das erste Mal mit Dir? Ist es so, daß Du mir's erzählen kannst?"
„Ach, ich kann schon. Aber schrecklich war es. Und weil es so schrecklich war, d'rum können gnäd'ge Frau auch ganz ruhig sein, von wegen dem Kruse. Wem es so gegangen ist wie mir, der hat genug davon und paßt auf. Mitunter träume ich noch davon, und dann bin ich den anderen Tag wie zerschlagen. Solche grausame Angst ..."
Effi hatte sich aufgerichtet und stützte den Kops aus ihren Arm. „Nun erzähle. Wie kann es denn gewesen sein? Es ist ja mit Euch, das weiß ich noch von Hause her, immer dieselbe Geschichte ..."
„Ja, zuerst is es Wohl immer dasselbe, und ich will mir auch nicht einbilden, daß es mit mir 'was Besonderes war, ganz und gar nicht. Aber wie sie's mir dann auf den Kopf zusagten und ich mit einem Male sagen mußte: „ja, es ist so," ja, das war schrecklich. Die Mutter, na, das ging noch, aber der Vater, der die Dorfschmiede hatte, der war streng und wüthend, und als er's hörte, da kam er mit einer Stange auf mich los, die er eben aus dem Feuer genommen hatte, und wollte mich umbringen. Und ich schrie laut aus und lief auf den Boden und versteckte mich, und da lag ich und zitterte und kam erst wieder nach unten, als sie mich riefen und sagten, ich solle nur kommen. Und dann hatte ich noch eine jüngere Schwester, die wies immer aus mich hin und sagte „Pfui". Und dann, wie das Kind kommen sollte, ging ich in eine Scheune nebenan, weil ich mir's bei uns nicht getraute. Da fanden mich fremde Leute halb todt und trugen mich ins Haus und in mein Bett. Und den dritten Tag nahmen sie mir das Kind fort, und als ich nachher fragte, wo es sei, da hieß es, es sei gut aufgehoben. Ach, gnädigste Frau, die heil'ge Mutter Gottes bewahre Sie vor solchem Elend."
Effi fuhr auf und sah Roswitha mit großen Augen an. Aber sie war doch noch mehr erschrocken als empört. „Was Du nur sprichst! Ich bin ja
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