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Deutsche Rundschau.
Haltung auf. Seinen Kameraden gegenüber läßt er sich völlig gehen, gibt er sich ganz, wie er ist. Johannes Mährlen H und Ludwig Bauers haben Mörike nach seiner eigenen Erklärung in damaliger Zeit am nächsten gestanden. Von Mörike's Briefen an Bauer sind leider nur wenige ans uns gekommen; die Mehrzahl war offenbar schon beim Tode des Letzteren vernichtet, wogegen sich Eauer's Schreiben an Mörike fast vollständig erhalten haben ^). Uebrigens ist der Briefwechsel zwischen Mörike und Bauer in den Jahren 1826—1834 nicht von derselben Bedeutung gewesen wie der zwischen Mörike und Mährlen. Bauer gehörte zu jenen glücklichen Naturen, die sich den Verhältnissen stets zu fügen wissen, und strebte aus der ihm vorgezeichneten Lebensbahn nicht hinaus. Er war es zufrieden, unmittelbar nach seinem Abgänge von der Universität die unter dem Patronat des Fürsten von Hohenlohe- Oehringen stehende Pfarrei Ernsbach zu erhalten und seine Jngendgeliebte heimsühren zu können. Mährlen dagegen suchte gleich Mörike, aber mit größerer Energie und besserem Erfolg als dieser, sich von der Theologie zu befreien. Beide hatten in diesen Jahren gemeinsame Pläne und Hoffnungen, weihten einander in jede Wendung ihres Geschickes ein. So stehen Mörike's Briefe an Mährlen im Vordergründe. Die Freundschaft Mörike's mit Wilhelm HartlaubH, die später alle ähnlichen Verhältnisse überflügeln sollte, war auch damals schon bedeutend genug; doch verloren sich beide in den ersten Jahren nach dem Abgänge von der Universität einigermaßen aus dem Gesicht, und da sie keine Interessengemeinschaft hatten, wie Mörike und Mährlen, wurde die Korrespondenz sehr unregelmäßig geführt. Qualitativ gehören die an Hartlaub gerichteten Briese zu den Perlen dieser Sammlung. Die prächtigen Schreiben an Freund Kauffmann^) und an verschiedene Andere bieten eine willkommene Ergänzung', und auch die Stücke, die Mörike im Verkehre mit ihm ferner stehenden Personen zeigen, erregen — besonders in sormaler Hinsicht — ein eigenartiges Interesse. Wenige ganz kurze Briefe und aus anderen kleinere oder größere Stellen sind weggelassen worden, weil sie entweder zu vertraulicher Natur sind oder in keiner Hinsicht irgend welche Aufmerksamkeit beanspruchen können. Ein Abdruck der Antwortschreiben auf Mörike's Briese konnte nicht in das Auge gefaßt werden, da sonst diese Veröffentlichung eine übermäßige Ausdehnung angenommen hätte. Einzelheiten aus jenen, so weit sie zum Verständniß unentbehrlich sind, finden sich in den Anmerkungen, bei deren Abfassung ebenfalls das Streben nach Kürze maßgebend war. Ans
H Geb. 1804, ch 1871 als Professor an der technischen Hochschule in Stuttgart.
2) Geb. 1808, ch 1846 als Ghmnasialprofessor in Stuttgart. Bauer hat sich als Dichter einen Namen gemacht. (Ludwig Bauer's Schriften. Stuttgart 1847.)
3) Im Besitz des Goethe-Schiller-Archivs in Weimar. Einzelne Stücke davon sind in Bauer's Schriften gedruckt.
4) Geb. 1804, -s in Stuttgart als pensionirter Pfarrer. Sofort nach Beendigung seiner Studien wurde Hartlaub als Vicar nach Wermutshauscn zur Unterstützung seines kränkelnden Vaters geschickt und erhielt nach dessen baldigem Tod die Pfarrei.
°) Ernst Friedrich Kaufsmann, geb. 1803 in Ludwigsburg, h 1856 als Professor der Mathematik am Gymnasium in Stuttgart. Er hat sich als Eomtzonist von Liedern, namentlich von solchen seines Freundes Mörike, einen Namen gemacht.