Heft 
(1894) 82
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Eduard Mörike.

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hiesige Haus, die spricht ohne alle Affectation die schnelle Psälzersprache und erzählt mir ; aus Gestern Nachmittag, Donnerstag, war ich nach einem kurzen Maienregen im

n der Garten und hatte eine große Freude, den Haushund, einen mächtigen Weißen Pudel, >rgriff Prügel apportiren zu lassen; der ging endlich verloren; der Hund sah sich

scheu- ^ch einem andern und ich mich nach einer vernünftigeren Beschäftigung um; da

e un- sällt mir ein: Du schreibst dem lieben Hartlaub; in dem Augenblick kommt das

reuzte Mädchen, ob wir nicht nach Wendlingen spazieren sollten, eine kleine halbe Stunde

:) de- von hier; sie wolle mich bei des Herrn Pfarrers als guten Nachbar einsühren.

nnoch .Wendlingen?" Wendlingen, dacht' ich, das wird doch nichtWie heißt der lskind Pfarrer dort?"Klemm." Nun ging mir ein Licht ans, und mir fiel ein,

gerne, warum ich einen Augenblick vorher an Dich denken mußte. Ich war begierig und

, als ging mit. Es ist wahr: es sind charmante Leute, der Pfarrer gar, und wie natür-

Kirche lich er seine Anekdoten anbringt! Er erzählte mir von meinem lieben Vater und

. das sah mir lange ins Gesicht; Deiner erinnerten sie sich noch sehr gut, die Pfarrerin

unter- erzählte Deine Regentour mit einer gewissen Person, nach der ich mich

i aus immer vergebens umsah, und von der es endlich hieß, sie werde dieser Tage erst

Hügel von Rielingshausen H abgeholt, wo ihr Bruder und Verwandte sind. Jst's nicht

a ge- merkwürdig, daß ich hier auf gewisse Weise Deine Sphäre berühren muß? Aber

brücke noch sonderbarer ist die Parallele (die aber ^U. mit der vorigen nicht wieder eine

s ins neue bildet), in welche ich hier gestellt bin. Mein Vorfahr ist (seit drei Jahren)

» eine Herr Christian Schmid, den Klärchen N.^) glücklich macht; ich schreibe aus seinem

ichnen Tisch, mit seiner Tinte, alle seine Effecten liegen noch um mich herum (weder ist

finab, er noch ich mit Sack und Pack auf- und abgezogen) und ich soll kein Herzweh leinen dabei bekommen, schwere Träume in seinem Bett und dergleichen? Ein wenig,

ht als aber gar nicht viel, kann ich Dich versichern. Er ist nun angestellt und läßt mich

Aehn- in seine alten Fußstapfen treten, so wie ich ihn einmal in die meinigen. Das ist

g aui doch billig von ihm, gelt? Ein Dienst ist des andern Werth. Ernstlich aber,

Kopi. schon mehrmal Hab' ich bemerkt und neulich besonders, daß das gute und einst

eniger verblendete Klärchen eine Reue in dieser Sache vor sich selber verbirgt. Ich

>a ich sah sie einige Tage nach meiner Luise Tod, der sie krank machte, im Bett in einem

nden; ganz dunkeln Zimmer; sie war sehr bewegt, stumm und zog beim Abschied ihre

oriunl Hand, die sie mir selbst hingereicht hatte, und die ich einige Secunden in der

: steht meinigen behielt, sonderbar zurück. Ich hatte sie in diesem Augenblick unbeschreib-

chelnd lieh und wandte mich, eh' mir der Muth verloren gehen wollte, hinweg. .

anches Genug! ach, schon zu viel! Du könntest glauben, die Sache wäre mir allzu wichtig,

he der Soeben besinn' ich mich, um Dir nun auf Deinen Brief zu antworten, aber

oelcher ich erspare dies aus das nächste Mal, weil das Bisherige fastganz historisch" ist

gibt, und meinen! Gefühl nach nichts anders mehr verträgt. Wenn Du an den lieben

l dem Bauer schreibst, so theil' ihm die Notizen aus diesem Brief mit, die ihm wichtig

kürlich sein können, und besonders, was mein Ausbleiben entschuldigt. Ich thue nichts

Geist ungerner, als vor einer geliebten Person mich immer und ewig rechtfertigen. Und

guten meinen Aufenthalt möcht' ich auch nicht zum zweiten Mal so weitläufig beschreiben,

r eine Uebrigens aber will ich ihm bald schreiben. Die Beilagen gehören zum 29. Mai^),

d Be- den ich gewiß feiern werde. Wenn es möglich wäre, daß Du diese Sendung noch

geht's dis dorthin bekämst, so wollt' ich den schönen Vorschlag machen, daß wir morgens

miren, um sechs Uhr in Gedanken und per sz-mpaUiialn einen Spaziergang nach Seeburg

dazu auf der Karte von Urach H mit einander machen wollen; ich besitze nämlich das

ist im ^

ft Im Oberamt Marbach.

in ver- ft Klara Neuffer, nachmalige Frau Pfarrer Schmid, Mörike's Base und Jugendgelicbte;

ihr gilt das GedichtErinnerung. An C. N." (Gedichte S. 5). an der ft Hartlaub's Geburtstag.

ft Dort hatten sich beide gemeinsam vier Jahre im Seminar aufgehalten (18181822).

Deutsche Rundschau. XXI, 4. 4