Heft 
(1894) 82
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Eduard Mörike.

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ird*) weiß ich wohl; sondern ob jene in der Thal nun schon Marie Kauffmann heißt? alerei Diese Namenscomposition klingt mir noch etwas fremd, ob sie gleich fast noch

^ ^ schöner lautet, als Angelika Kauffmann; aber man gewöhnt sich an Alles. Nein,

bald schreibe mir's! ich weiß es im Ernst nicht. Auch Deine Adresse. Lieber Herz-

bruder, Du und, wenn es wahr ist, auch Deine theure Marie laden mich zum der- Besuch nach dem unvergeßlichen Ludwigsburg, aber wo die Ziege einmal angebunden

aZ lu ^ dir muß sie grasen; ich bin ein geschorener Geist mit Predigen; ich kann nicht

mehr mit zwei Schritten in den Pantoffeln aus meiner Hausthür in der Deinigen noth- in Dein Zimmer treten. Dich von der Algebra ausstehen sehen und die

chnet, Jphigenie-Ouverture spielen lassen. Weißt? Da sah ich allemal den Staub auf dem Resonanzboden tanzen, während mein innerer Sinn auf Dein Spiel gerichtet mette war und ich die Musik mit wohlgefälligen Schmerzen in mir wühlen ließ. Erinnerst

etreu. Du Dich noch der Nacht, wo Du, die Füße im Zimmer und Dein übriges eorxrm

siren, im Alkov, aus dem Boden gestreckt lagst? Wir sprachen damals viel von Rudolf H.

cösten Ich muß auch viel genug an ihn denken, konnte mich aber, wie ich kürzlich in

Ein- Tübingen war, nicht entschließen, zu ihm zu gehen; aus mancher Ursache, so sehr , be- mein Herz nach seiner Nähe hinzuckte. Er war meistens in bewundernder burschen- schaftlicher Leibgarde-Umgehung, und außerdem fürchtete ich meinerseits wie seiner­seits ein poetisches Raisonnement über meiner Schwester Tod, eine Gattung von Selbsterschöpfung, auf die ich von jeher üble Reue empfunden habe. Indessen ich habe mich beim Abschied von Tübingen mit dem bestimmten Vorsatz getröstet, ihm diesen Sommer oder Herbst noch einmal ans Herz zu fallen. Ich glaube nicht, daß sein letzter Fluch über mein Ausbleiben (den mir Mährten treulich )u in hinterbrachte) unüberwindlich sein wird. Ich will ihn überraschen; sag' ihm aber

ganz ja nichts davon! Zur selben Zeit komm' ich vielleicht zu Dir; ich will Dir nach-

Tod her sagen, an welchen Hauptcoup sich diese Aussicht knüpft nein, ich sag's

e ein lieber gleich. Aber rede indessen gegen Niemand davon! Ich habe Halbe Hoffnung,

llerlei die geistliche Laufbahn auf längere oder kürzere Zeit zu verlassen und indessen als

ißtem Hofmeister, vielleicht in München, mehr meinem besseren Talent leben zu können.

Herr-Seht doch den Querkopf! seht doch den Narren!

wßem Seht, seht! seht doch den Narren!

!s ich Was kann er wollen? was kann er machen?

heuen Was? Was? Was kann er machen?"^)

erluit So wirst Du leicht denken. Apropos bei diesen Zeilen, im Gesang, kann ich mir ) der Dein Gesicht am besten denken; ich sehe alsdann jenes unvergleichliche Schmollen

engen tzDn Deiner Nase zum Mund herab, das Dir so gut steht. Marie wird mich hier

' "a besser verstehen, als Du selber.

H Ja, so stehen die Sachen. Im Grund wäre die Veränderung nichts Unerhörtes,

nnch zumal ich vorderhand damit keineswegs einen bleibenden Bruch mit den Kanzel- Das sreuden im Sinn habe. Des Menschen Wille, das ist sein Glück, und in gewissen

>b es Dingen spür' ich Mannes genug in mir. Ich Hab' es hier sonst vortrefflich: eine

, das schönsten Gegenden im Land, und die Leute, in deren Haus ich bin, sind von

feinerem Korn, als man sonst auf Dörfern sucht. Das Pfarrhaus, in dessen Rücken emem Berg hinunter versteckt das Dorf liegt, steht mit der Kirche und Schule ganz

u un vereinzelt auf ziemlicher Anhöhe, und seine Fenster von vorn beherrschen eine große,

mannigfaltige Aussicht mit dem nahen Neckar und der Teck; Neuffen re. mehr in der Ferne. Der Pfarrer ist als Mathematiker und Mechaniker viel bekannt; er ist ein bescheidener, zartfühlender Mann, dem keine Empfindung und keine Wissenschaft

lers D-

*) Rudolf Lohbauer, Kausfmann's Schwager, ein Jugendfreund Mörike's, geb. 1802, tz 1873, Schriftsteller und demokratischer Politiker.

^>aupt- 2) Ein Duett aus Cimarosa's OperDie heimliche Ehe", das Kauffmann und Lohbauer

mahlt. "st zusammen fangen.

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