Heft 
(1894) 82
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Caterina Sforza.

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unterbrochen wurde. Nach mehr als fünfstündigem Festmahl erhob sich die Gesellschaft und besah die Hochzeitsgeschenke, die aus mehr als 14 000 Ducaten geschätzt waren. Girolamo hat seiner Frau schon Tags zuvor eine Perlen­schnur um den Hals gehängt, die 5000 Ducaten Werth war, und der Papst seiner Nepotin bei der Trauung diese durch eine weitere, gleich werthvolle ersetzt. Caterina schwamm in einem Meer von Entzücken; ihrer Schwester Chiara berichtete sie über alle ihr gemachten Geschenke, und die gute Mutter freute sich der ihrer theuren Adoptivtochter vom Papste und den Seinigen er­wiesenen Ehre von ganzem Herzen. Alle Welt vereinigte sich in dem Preise der Schönheit und Anmuth der jungen, stattlich großen Frau.Das, was bei all den vielen und verschiedenen Schauspielen am meisten in die Augen fiel," schrieb der alte Fabio Oliva,war die seltene und unvergleichliche Schön­heit und einzige, fast wunderbare Anmuth der Caterina. Die Natur hat sie schön gemacht und der Himmel gut, als wolle er seine höchste Pracht an ihr zeigen. Nach aller Meinung war die Frau die anmuthigste (gracio8a) und schönste ihrer Zeit." Aber diese Schönheit schwebte wie eine in leuchtendem, unschuldigen Weiß aufgeschossene Wasserblume über einem giftige Dünste aus- athmenden Sumpfe. Denneinem ruhigen Beobachter hätte das damalige Rom mit seinen zahllosen Cavalcaten, Fackelzügen, heidnischen Aufzügen und täglichen Straßenkämpfen als ein maskirtes Tollhaus erscheinen müssen". So urtheilt wenigstens der Geschichtschreiber der Stadt Rom im Mittelalter, und die vierzehnjährige Caterina wird es auch bald haben erfahren müssen, was es koste, die Gemahlin des elendesten Nepoten eines Papstes Sixtus IV. zu sein.

III.

Das Leben der jungen Gräfin verschwindet nach ihrer Verehelichung natürlich hinter dem ihres Mannes. Wir vermögen auch nicht zu sagen, wie weit sie in die Pläne dieses ebenso ehrgeizigen wie persönlich feigen, vor keiner Schandthat zurückbebenden und doch ungeschickten Abenteurers eingeweiht war, oder ihn gar auf der einmal eingeschlagenen Bahn, sich ein weltliches Fürstenthum zu erwerben, vorwärts getrieben hat. Die acht Jahre, die sie, eine Reise nach der Romagna und Venedig im Sommer 1481 abgerechnet, als die uixote sautissium des Papstes in Rom zubrachte, sind aber für das junge Weib doch die politischen Lehrjahre geworden. Denn als sie abschlossen, finden wir bei ihr schon die hervorragendsten Züge ihres Wesens: rasche Entschlossen­heit und unbändige, rücksichtslose Willensstärke, männliche Kühnheit neben weiblicher Schwäche und List, schon vollkommen entwickelt. In der graziösen Frau lebte etwas von der romagnolischen Kraft und Elasticität der Ahnfrau ihres Geschlechts, der Mutter Giacomuzzo Attendolo's, die ihrem Gatten ein­undzwanzig Kinder gebar und die Halle ihres Hauses mit Rüstungen und Waffen bekleidete. Auch sie schenkte ihrem Manne im März 1478 ein kleines Mädchen und im September des folgenden Jahres ihren Erstgeborenen Otta- viano, bei dem zum Zeichen, wer die nächsten Freunde ihres Gatten waren, der Cardinal Rodrigo Borgia, der spätere Papst Alexander VI., als Taus-