Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

Würdigen Nepoten willen nicht nrüde wurde, ganz Italien und den Kirchen­staat mit Verwüstung und Blutvergießen zu erfüllen, nicht der schändlichsten Dinge sür fähig halten sollen? Und doch gelang ihm nichts, und wäre nicht ein Weib dem Riario zu Hülfe gekommen, so wäre die Macht der ganzen Sippe schon 1484 zusammengebrochen. Wie der Papst zwei Jahre zuvor seine Bundesgenossen, die Venetianer, im Stiche gelassen hatte, so schlossen seine Bundesgenossen im Jahre 1484, vor Allem der Onkel Caterina's, der Herzog Lodovico il Moro von Mailand, jetzt ohne Rücksicht auf den Papst Frieden mit den Venetianern. Das war sür den papalen Stolz zu viel. Hatte er doch auch unter den Unruhen und Kämpfen viel zu leiden gehabt, die er gegen die Colonna in Rom und in der Campagna durch den Nepoten ausfechten ließ. Die Gewaltthaten, Erpressungen und Verbrechen, die dieser Unhold in Rom gegen Feind und Freund ganz ungescheut aus die Gunst des Papstes hin in dieser Zeit aussührte, hatten doch nicht vermocht, ihm zu einem endgültigen Siege über die Colonna zu verhelfen. Das Ergebniß des Feldzuges gegen sie war zweifelhaft geworden. Das erschütterte die Gesundheit des Papstes. Er bekam ein Fieber, dann einen Gichtansall. Aber zum Sterben brachte ihn die Nachricht vom Frieden von Bagnolo, durch den Venedig vom Herzog von Ferrara die Landschaft Polesine erhielt, er selbst aber und sein Nepote leer ausgingen. Am 11. August Abends empfing er die neue Friedensliga, die ihm die Bedingungen des Friedens mittheilte. Er fand, sie seien unannehmbar und gegen seine Ehre verstoßend. Am folgenden Tage war er ein todter Mann.

Kaum hatte das Volk von Rom Kunde von dem Ableben des Papstes, als es sich erhob und den Palast des Nepoten an der Lungara von unten bis oben ausplünderte und greulich verwüstete. Dann stürmte es die Kornmaga­zine und die Banken der genuesischen Wechsler, der Freunde des ligurischen Papstes. Alle Ordnung war verschwunden. Die verschiedenen Parteien ver­schanzten sich in ihren Palästen, und die ewige Stadt richtete sich auf einen allgemeinen Straßenkamps ein. Denn es waren nur wenige päpstliche Truppen in der Stadt. Die große Masse von ihnen belagerte unter Girolamo Riario und Virginio Orsini die Hauptseste der Colonnesen, Paliano. Das Cardinals- colleg befahl den Feldherren, sofort die Belagerung abzubrechen und das Heer in die Nähe Roms, in das Blachfeld von Ponte Molle zurückzuführen. Girolamo gehorchte. Anders verfuhr sein einundzwanzigjähriges, im ersten Monate schwangeres Weib. Sie wußte Wohl, daß, wer Herr des Castells von S. Angelo war, Rom befehlen konnte. Caterina ritt muthig von Ponte Molle nach dem Castell, erzwang den Einlaß und übernahm sofort den Oberbefehl. Den Vicecastellan, einen Codroncchi aus Jmola, setzte sie ab, denn sie wußte schon damals, daß sie in solchen schweren Entscheidungsstunden nur sich selbst ver­trauen durfte. Sie erklärte dann dem Cardinalscolleg rund heraus, sie werde das Castell mit Gewalt vertheidigen und nur dem neuerwählten Papste aus- liesern. So habe Sixtus IV. befohlen. Als ein Abgesandter des Cardinals Riario - Sansoni ihr beschwerlich ward, rief sie aus:Ah, er will mit mir spielen, Wer der Klügste ist. Er weiß Wohl nicht, daß ich das Gehirn des