Heft 
(1894) 82
Seite
119
Einzelbild herunterladen

Caterina Sforza.

U9

fahren sich doch keine Sicherheit erkaufen werde. Die Steuern wurden wider­rechtlich erhöht und andere Gewaltthaten begangen. Um sich dem persönlichen Hasse der Forlivesen zu entrücken, verließ er die Stadt und begab sich nach Jmola. Er ließ einen zuverlässigen Befehlshaber zurück, der die gehässigsten Maßregeln auf sich nehmen mußte. Derartige Werkzeuge waren damals die Herrscher dann ebenso leicht bereit rücksichtslos der Volkswuth zu opfern, als sie sich nicht das geringste Gewissen daraus machten, sie bei Seite schaffen zu lassen, wenn sie ihnen verdächtig wurden.

In Jmola erkrankte Girolamo im Frühjahre 1488. Seine Frau war in Mailand, das sie seit ihrer Verheirathung nicht wiedergesehen hatte. Offenbar wollte sie bei ihrer Familie Rückhalt gegen die Gefahren suchen. Wir dürfen ihr glauben, wenn sie versichert, sie habe ihre Mutter Lucrezia Landriani und ihre Schwester Stella abholen wollen, um doch Jemanden von den Ihrigen bei sich zu haben. Auf die Nachricht von der schweren Erkrankung ihres Mannes kehrte sie sofort nach Jmola zurück und ließ die besten Aerzte aus Bologna, Mailand und Ferrara kommen. Der Zustand ihres Mannes schien hoffnungslos.Was wird aus Forli werden, wenn der Gras stirbt?" mochte sich das geängstigte Weib fragen. Denn das Castell war in den Händen eines Savonesen, der früher Seeraub getrieben hatte und sich dem Grafen gegenüber, der ihm Sold schuldig war, schon aufsässig gezeigt hatte. War ein solcher Mann nicht zu Allem fähig? Caterina beschloß, es im Guten mit ihm zu versuchen. Sie stieg zu Pferde und ritt in einer Nacht nach Forli, erschien vor der Rocca Ravaldino und verlangte im Namen ihres Mannes Einlaß in dieselbe und Uebergabe an sie. Dazu zeigte sich aber Melchiorre Zocchejo keineswegs bereit. Er rief seiner Herrin zu, man sage, sein Gebieter sei ge­storben, er werde das Schloß seinen Söhnen oder ihm selbst überliefern; wenn er ihn aber wegjagen wolle, so solle er ihn erst bezahlen, und dann werde es sich finden, ob er die Burg ausliesere.

Jetzt wußte Caterina genug und ritt nach Jmola zurück.

In Forli lebte damals I. Codronchi, jener Castellan von der Engelsburg, den Caterina abgesetzt hatte, als sie sich nach dem Tode von Sixtus IV. 1484 hineinwarf. Dieser hatte Verkehr mit dem Castellan von Ravaldino. Eines Abends hatten die beiden Kriegsknechte fröhlich mit einander gespeist, als Codronchi den Castellan, der sich erhoben hatte, mit seinen Armen umfaßte. Sofort stieß feinem Herrn dessen eigener Sklave einen Dolch zweimal in den Leib, und Codronchi gab ihm den Rest. Darauf bemächtigte sich der Meuchel­mörder des Hauptthurmes der Burg, zog dessen Zugbrücke auf und bedrohte die im Hofe befindliche Besatzung, die er mit großen Steinen von oben be­warf. Die Leute flohen überrascht aus der Burg. Jetzt stieg Codronchi von seinem Thurm, zog die Zugbrücke der Burg auf und warf den Leichnam des Ermordeten in einen Brunnen.

Die Kunde hiervon verbreitete fich mit Blitzesschnelle in der Stadt, und ihr Governatore schickte sofort eine Estafette nach Jmola ab. Girolamo befand fich in der Reconvalescenz, und seine Frau war ihrer Entbindung nahe. Nichtsdestoweniger warf sich das Weib auf ein Pferd, jagte nach Forli und