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Deutsche Rundschau.
ritt in der folgenden Nacht, ohne Jemanden vorher gesprochen zu haben, vor die Burg. Sie beschwor Codronchi, ihr diese zu übergeben, wozu er sich nach einigem Hin- und Herreden auch verstand. Am folgenden Tage betrat Caterina das Castell, nur von einer Dienerin begleitet, kehrte darauf nach Jmola zurück, kam aber drei Tage daraus wieder und brachte Tommajo Feo aus Savona mit sich, der nun Castellan von Ravaldino wurde.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Ermordung Zocchejo's durch Codronchi mit der Gräfin vorher verabredet war. Es war ein bsllwsimo inAunuo, Wie man damals so Etwas nannte. Wenige Tage nachher ritt Caterina mit Codronchi an der Seite nach Jmola ab, nachdem sie dem erstaunten Volke versichert hatte, jetzt sei ein Castellan nach ihrem Wunsche in der Burg, und abermals wenige Tage darauf gebar sie, nach einem mehr als zehnstündigen Ritte, einen Sohn, den sie Francesco Sforza nannte.
Wie die Herren damals mit ihren Dienern und Untergebenen umgingen, so aber auch diese mit ihren Gebietern.
Kaum War Caterina einige Tage in Jmola niedergekommen, so meldete der treue Governatore von Forli, eine Verschwörung, von den Ordelasfi angestiftet, sei entdeckt und mit dem Tode der Schuldigsten unterdrückt worden. Sofort schwang sich das starke Weib abermals aus das Pferd, sprengte nach Forli und ließ die Mitverschworenen in ihrer Gegenwart verhören.
Girolamo, der, noch immer schwach, die Urtheile doch hatte bestätigen sollen, übertrug ihr die Entscheidung. Sechs Verräther wurden enthauptet und ihre Köpfe an den Stadtthoren aufgehangen, unschuldige und
weniger compromittirte Angeklagte rasch entlassen. Da der Herr der Stadt sich vor Niemand zeigte und er in seiner Krankenstube nur sein Weib empfing, verbreitete sich das Gerücht, er sei längst todt, Caterina verheimliche das nur, um die Herrschaft an sich zu reißen. Daß dem nicht so sei, sollte sich aber bald zeigen. Im November bestieg Girolamo, obwohl noch ganz hinfällig, in Jmola sein Roß und ritt durch die Stadt nach Forli. Es War ein schlimmer Winter, der ihm bevorstand. Immer deutlicher sah er. Wie der Respect vor ihm bei den Bürgern der Stadt sank und die Finanznoth stets höher stieg. Die Söldner konnte er nicht mehr bezahlen, und sie klagten ihm mit beweglichen Worten, die ihm wie Drohungen klangen, ihre Noth. Aus den vielen unzufriedenen Elementen wußten sich bald einige besonders thatkräftige und an ihrer eigenen Sicherheit verzweifelnde Männer zu einer entscheidenden That zusammenzufinden. Es waren die Angehörigen einer der ersten Familien der Stadt, der Orsi, welche sich mit zwei Hauptleuten des Grafen verbanden, um ihn zu ermorden. Da die Orsi freien Zutritt zu dem Palaste des Herzogs hatten, war die That leichter auszusühren. Mit unerhörter Frechheit wurde sie aber doch vollbracht. Checco d'Orsi, der erste Capitän der Stadtwache, ging am 14. April 1488 mit den zwei Söldnerführern in den Stadtpalast, trat unangemeldet in den Speisesaal des Grafen, während die beiden Andern hinter der geöffneten Saalthür stehen blieben. Der Gras hatte eben seine Abendmahlzeit beendet und plauderte noch mit drei Anwesenden. Als er Checco eintreten sah, streckte er ihm die Hand ent-