Heft 
(1894) 82
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Eaterina Sforza.

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des Grabens Stehenden eine Geste zu, die den Italienern stets als die schimpf­lichste Verhöhnung und Beleidigung gegolten hat.

Als die drei Stunden verstrichen waren, und Caterina nicht wieder aus der Burg herauskam, verlangten die Orsi nach ihr. Da rief ihnen der Sohn des Castellans zu, nur wenn sie die beiden angesehensten Bürger von Forli als Geißeln stellten, werde die Herrin zurückkehren. Empört über diese Zu- muthung zogen die Ausrührer ab, während Caterina nach all den Auf­regungen im Innern der Burg in festen Schlaf fiel. So leicht ergaben sich der Monsignore und die Orsi doch nicht. Sie schleppten die Kinder und die Angehörigen Caterina's vor die Burg und hießen zunächst die Amme des Jüngstgeborenen, dann die Schwester Stella und zuletzt den Erstgeborenen Ottaviano mit beweglichen Worten und Thränen Caterina anflehen, sie vor dem Tode zu retten und die Burg auszuliefern. Der Castellan ließ die Schlafende nicht Wecken, sondern antwortete abweisend und mit der Rache des Herzogs von Mailand drohend. Als aber das Geschrei zu arg wurde und Tommaso fürchtete, die Gräfin könne erwachen, ließ er einige Schüsse abgeben, worauf der Platz vor der Burg sich sofort leerte. Jetzt erwachte Caterina, und erschreckt verließ sie ihr Lager, wie sie war, und sprang aus die Zinne der Burg, um zu sehen, was vor sich gehe. Als sie sah, daß keine Gefahr vor­handen sei, verschwand sie wieder H. Da ihre Kinder im ersten Aufwallen der Wuth von ihren Peinigern nicht ermordet worden waren, durfte sie Wohl sicher sein, daß auch ferner ihnen so leicht nichts geschehen werde, und ließ, um zu zeigen, daß sie die Beherrscherin der Stadt sei, bei Tag und bei Nacht einige Schüsse auf sie, namentlich auf den Rathhausthurm, abgeben.

Caterina war in Wirklichkeit gar bald Herrin der Situation. Schon am 10. April erschien ein Herold des Grasen Bentivoglio von Bologna und forderte den Monsignor Savelli aus, die Herrschaft den Riario zurückzugeben und den Kindern kein Leid zufügen zu lassen. Savelli lehnte das Erstere ab, und Checco d'Orsi beschimpfte den Herold. Ernster wurde dann die Lage, als ein Gesandter des Herzogs von Mailand von einem Parlamentär Bentivoglio's begleitet eintraf, öffentlich verlangte, die Kinder Riario's zu sehen, und ver­kündete: die Truppen von Bologna ständen in Castel Bolognese und erwar­teten nur die des Herzogs. Checco d'Orsi erwiderte zwar frech,die Kinder seien getödtet". Er ließ sogar den Gesandten als Gefangenen abführen. Ja, man suchte die Citadelle zu sorciren. Das mißlang jedoch, und am 27. April stand das Heer des Herzogs von Mailand, stärker als 12000 Mann, nur noch fünf Miglien von der Stadt entfernt. Einem Abgesandten des Herzogs, der einen Schiedsspruch des Papstes anbot, entgegnete Savelli noch trotzig. Denn die Hülfstruppen des Papstes sollten nahe sein. Es waren fünfzig Reiter,

0 Dieses ist der Verlauf der Dinge gewesen, wie ihn Pasolini aus Grund der Alles sehr ins Einzelne ansmalenden Augenzeugen sestgestellt hat. Er ist drastisch genug. Aber doch nicht so drastisch, daß er nicht bald darauf noch drastischer ansgeschmückt wurde. Ich halte alles Weitere für die Erfindung eines Humanisten, der das aus Reminiscenzen nach Herodot II. 30, Dneitns Iliickor. II. 13; ?Iutnrell Nor. II. p. 241, 246 hinzugethan hat.