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Deutsche Rundschau.
einzuverleiben. Eine Zeit lang gewann es sogar den Anschein, als ob General Mercier bei Gelegenheit dieser Organisationssrage gestürzt werden sollte. Soviel dars als feststehend gelten, daß der gegenwärtige französische Kriegsminister durch verschiedene Maßnahmen bereits Mißstimmung hervorgerufen hat, und es ist bezeichnend, daß er sich durchaus nicht aus sein Ressort beschränkt.
Sogar in der Angelegenheit der Generalvicare, die in jüngster Zeit das gute Einvernehmen zwischen der römischere Curie und der französischen Regierung zu stören drohte, wird General Mercier als derjenige genannt, der durch seinen Protest die Streitfrage verschärft haben soll. Wurde nach der vom Papste an die Elericalen in Frankreich ergangenen Weisung, sich den republikanischen Einrichtungen anzuschließen, angenommen, daß die Beziehungen zwischen dem Vatikan und der französischen Regierung nichts zu wünschen übrig ließen, so verlautete nunmehr, daß der französische Botschafter beim Papste eine diplomatische Note erhalten habe, in der er angewiesen worden sei, bei Leo XIII. Vorstellungen in dem Sinne zu erheben, daß drei Bischöfe, darunter der Cardinal-Erzbischof von Paris, die dem Kultusminister der Republik Anlaß zu Beschwerden gegeben, rectisicirt werden. Das Vergehen, dessen der Cardinal-Erzbischof sowie der Bischof von Quimper, Valleau, und der Bischof von Mende, Baptisolier, sich schuldig gemacht haben sollen, besteht in der Ernennung von Generalvicaren, die dem französischen Ministerium nicht genehm sind. Die an den Botschafter Lesebvre de Behaine gesandte Note enthielt insofern eine Drohung gegen die römische Curie, als daraus hingewiesen wird, daß das Verhalten der drei französischen Kirchen fürsten den Radicalen in der Deputirtenkammer Waffen zur Bekämpfung gewisser Forderungen liefern könnte, mit deren Ablehnung sich die Budgetcommission bereits einverstanden erklärt habe. Von Seiten des Papstes sind zunächst keine Instructionen an die drei Bischöfe gelangt, obgleich Wohl angenommen werden darf, daß er sich in diesem Conslicte aus ihre Seite stellen wird. Dagegen ist ein Schreiben des Bischofs von Quimper, Valleau, veröffentlicht worden, der zugesteht, daß er im Vorjahre bereits der Regierung einen Generalvicar präsentirt, der nicht die Genehmigung des Ministeriums erhalten habe, unter der Begründung, daß er sich mit den republikanischen Einrichtungen im Widerspruche befinde. Trotzdem hat der Bischof den von ihm designirten Prälaten zum „vieairs Mneral bonoraire" ernannt und ihn jüngst von neuem präsentirt. Auch will Mgr. Valleau jetzt den Bescheid erhalten haben, daß das Ministerium die Genehmigung vollziehen würde, falls der Prüftet des Departement Ministers keinen Einspruch erheben sollte. Zugleich wird seltsamer Weise versichert, daß der Kriegsminister gegen die Ernennung des Abbe Fleiter zum Generalvicar des Bischofs von Quimper Verwahrung eingelegt habe. Die Angelegenheit verwickelt sich dadurch, daß das ablehnende Verhalten der französischen Regierung gegenüber dem vom Cardinal-Erzbischöfe von Paris, Richard, als Generalvicar präsentirten ALbo Odelin nach reiflicher lleberlegnng im Minister- rathe beschlossen worden ist, sodaß das Cabinet Dupuy sich schwer zur Nachgiebigkeit entschließen wird. Ein französisches Blatt, das mit den leitenden elericalen Kreisen regelmäßig Fühlung unterhält, äußert sich denn auch wie folgt: „Wie es auch sein möge, so sieht man doch, daß wir nicht übertrieben, als wir von einem Conslicte sprachen. Es ist sogar offenkundig, daß dieser Conslict heute einen gewissen Ernst zeigt und sich noch bis zu dem Punkte verschärfen könnte, daß er für die Freiheit oder für die Würde der Kirche bedauernswerthe Folgen Hervorrust."
Tie französische Regierung würde allem Anscheine nach Bedenken tragen, unter den obwaltenden Verhältnissen den Wünschen der Radicalen in der Deputirtenkammer Rechnung zu tragen, die am liebsten das ganze Cultusbudget beseitigt sehen möchten. Vielmehr darf angenommen werden, daß auch für die vorliegende Streitfrage eine Lösung gefunden werden wird. Immerhin ist es von Interesse, sestgestellt zu sehen, daß es mit der neuen Tripelallianz: Rußland, Frankreich und