Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

4c. Das Zerwürfniß Gustaf s III. von Schweden mit seiner Mutter Luise Ulrike, der Schwester Friedrich s des Großen, und die Gesandtschaft Ana­stasius Ludwig Mencken's in Stockholm (1777 1782). Unter Mitwirkung von Fritz Arnheim dargestellt von Hermann Hüf- fer. (S.-A. aus den Forschungen zur bran- denbnrgischen und preußischen Geschichte, Bd. VI.) Leipzig, Duncker L Humblot. 1893.

Der liebenswürdigen Feder Hüffer's ver­danken wir eine neue Gabe, die in gewissem Sinne eine Ergänzung zu seinen umfassenden Arbeiten über die preußische Cabinetsregieruug bildet, aber doch auch ein ganz eigenes Interesse beansprucht In seinem' schönen Buch über Lombard, das auch in diesen Blättern von berufener Hand seine Würdigung fand (April 1892), hat uns Hüffer den bedeutendsten und zugleich unheilvollsten Vertreter der Cabinets- regierung vorgeführt. Er ist aber auch den übrigen Beamten des Cabinets von den An­fängen der Institution unter Friedrich Wilhelm I. bis zu ihrer Auflösung i.J. 1808 nachgegangen und hat die zerstreuten Nachrichten, die uns von diesen Männern aufbehalien sind, mit liebe­vollem Eifer zusammengetragen. (Forschungen zur brandenburgisch-preußischen Geschichte Bd.V.) Besonders eingehend hat er sich dabei mit A. L. Mencken, dem Großvater des Fürsten Bis­marck beschäftigt. Nachdem er ihm schon früher eine Rectoratsrede (Bonn 1890) gewidmet, hat er jetzt seine diplomatische Thätigkeit in Stock­holm zum Gegenstände einer eingehenden Dar­stellung gemacht. Allerdings tritt Mencken, der nicht einmal Gesandter, nur Legationssecretär war, hierbei sehr in die zweite Linie, man kann von ihm nur sagen, daß er unter schwie­rigen Verhältnissen Tact und gesunde nüchterne Auffassung an den Tag legte; der Schwerpunkt der Erzählung liegt dagegen in der Darstellung des unseligen Zerwürfnisses zwischen Gustaf III. und seiner Mutter, dessen Kenntniß hier aus den preußischen Acten eine dankenswerthe Be­reicherung empfängt. Nachdem man bisher diese unerquicklichen Verhältnisse vorwiegend aus schwedischen Quellen kennen gelernt hatte, war es von besonderem Interesse, sie auch ein­mal unter einer anderen Beleuchtung zu sehen. Ließ sich etwas zu Gunsten der Schwester Friedrich's sagen, so durfte man es in den Depeschen der preußischen Gesandtschaft suchen. Es ist entscheidend für Luise Ulrike, daß diese Berichte unser bisheriges Urtheil über sie kei­neswegs in irgend einem wesentlichen Punkte mildern oder einschränken, sondern im großen und ganzen nur bekräftigen. Weder empfängt ihre abscheuliche Verleumdung gegen ihre Schwiegertochter den Schatten eines Beweises noch ihr Verhalten bei der Geburt ihres Enkels eine Rechtfertigung (hier scheint uns Hüffer zu milde zu urtheilen) das Gräßlichste aber ist doch der Brief, den sie auf dem Todbette an ihren Sohn richtete, und den Hüffer zum ersten Mal im Original mittheilt. Unser Gefühl ist sonst sehr geneigt, sich bei einem Streit zwischen Mutter und Sohn für die Mutter zu äußern, gegenüber soviel infernalischer Bos­

heit und unversöhnlicher Rachsucht bleibt es stumm. Auch Friedrich hat sich, wie uns Hüffer authentisch nachweist, wohl gehütet, für seine Schwester auch nur mit einem einzigen Wort Partei zu nehmen; wo seine Gesandten in dieser Beziehung einmal zu weit gehen, weist er sie sehr empfindlich zurecht. Uns scheint, als sei dieser Zug besonders significant und spreche nicht gerade zu Gunsten der Königin.

Karl August als Chef des 6. Preuß. Kürassier-Regiments. 1787-1794. Von P. von Bojnnowski. Mit einer Silhouette des Herzogs. Weimar, Herm. Bühlau. 1894.

Wer uns über Karl August Neues zu bieten vermag, der ist gewiß des Dankes der Gebildeten in Deutschland sicher. Zu dem, was an anderen Orten zerstreut über den Stoff be­reits vorlag, tritt in dieser sehr anerkennungs- werthen Arbeit noch die Ausnutzung einigen handschriftlichen Materials, das auf der von Bojanomski geleiteten Weimarischen Großherzog- lichen Bibliothek vorhanden ist. Die Persön­lichkeit Karl August's ist auch unter dem mili­tärischen Gesichtspunkte interessant; er befand sich nach Goethe's Ausdruck beim Heer so wohl, wie der Fisch im Wasser, und er war nicht bloß ein tapferer Soldat, sondern besaß auch Ver­ständnis) für organisatorische, taktische und stra­tegische Fragen. Unter den Beilagen ist von besonderer Wichtigkeit die erste, welche die Be­denken enthält, die Karl August gegen die CabinetSordre vom 7. März 1803 entwickelte. Diese Ordre verfügt, daß Officiere, die sich trotz aller Ermahnungen nicht tadelfrei aufführten, durch ihre Hintermänner beim Vorrücken sollten übersprungen werden können, ohne deshalb den Dienst ganz aufgeben zu müssen. Der Herzog war der Ansicht, daß ein Officier, der sich dieses uvaneonisnt sur pusso-ckroit gefallen lasse, den Ehrgeiz verloren habe, und des Geistes, der in der preußischen Armee herrschen solle, bar sein müsse. Man sieht, der Herzog würde in einer wichtigen, im Reichstag oft verhandelten Frage nicht von der Linken als Eideshelfer angerufen werden können: so freisinnig und aufgeklärt er sonst auch gewesen ist, in diesem Punkte des Corpsgeistes dachte er mit gutem Grund streng militärisch. Wenn Karl August 1794 aus dem preußischen Heeresverbande trat, so war daran nach Bojanomski gerade eine solche Ehrenfrage schuld, die Bevorzugung des Generals von Schönfeld, obwohl dieser später als Karl August in das Heer eingetreten war. Zwar wurde zunächst (Frühjahr 1793) ein Ausweg gefunden, indem der Herzog mit seinem Regiment dem Grafen Kalkreuth unterstellt wurde; aber der Stachel blieb zurück, und Karl August beschloß unwiderruflich, mit dem Ende des Feldzugs seine Entlassung zu nehmen, was dann am 5. Februar 1794 auch geschah.

cm Erläuterungen zu den Tag- und Jahresheften von Goethe. Von Wal­demar Freiherrn von Biedermann. (Anhang an Goethe's Werke. Abtheilung für Erläuterungen. Band 3-5 und 36. Zu den Tag- und Jahresheften.) Leipzig, F. W. v. Biedermann. 1894.