Heft 
(1894) 82
Seite
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Effi Briest.

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Spiele stattfanden. Es ließ sich aber nicht thun; Geheimrath v. Wüllersdors, den Jnnstetten schon von früher her kannte und der jetzt sein Specialcollege war, erkrankte plötzlich, und Jnnstetten mußte bleiben und ihn vertreten. Erst Mitte August war Alles wieder beglichen und damit die Reisemöglichkeit gegeben; es war aber nun zu spät geworden, um noch nach Oberammergau zu gehen, und so entschied man sich für einen Aufenthalt aus Rügen.Zunächst natürlich Stral­sund, mit Schill, den Du kennst, und mit Scheele, den Du nicht kennst und der den Sauerstoff entdeckte, was man aber nicht zu wissen braucht. Und dann von Stralsund nach Bergen und dem Rugard, von wo man, wie mir Wüllersdors sagte, die ganze Insel übersehen kann, und dann zwischen dem Großen und Kleinen Jasmunder Bodden hin, bis nach Saßnitz. Denn nach Rügen reisen heißt nach Saßnitz reisen. Binz ginge vielleicht auch noch, aber da sind ich muß Wüllersdors noch einmal citiren so viele kleine Steinchen und Muschelschalen am Strande, und wir wollen doch baden."

Effi war einverstanden mit Allem, was von Seiten Jnnstetten's geplant wurde, vor Allem auch damit, daß der ganze Hausstand auf vier Wochen auf­gelöst werden und Roswitha mit Annie nach Hohen-Cremmen, Johanna aber zu ihrem etwas jüngeren Halbbruder reisen sollte, der bei Pasewalk eine Schneidemühle hatte. So war Alles gut untergebracht. Mit Beginn der nächsten Woche brach man denn auch wirklich auf, und am selben Abende noch war man in Saßnitz. Ueber dem Gasthause standHotel Fahrenheit".Die Preise hoffentlich nach Roaumur," setzte Jnnstetten, als er den Namen las, hinzu, und in bester Laune machten beide noch einen Abendspaziergang an dem Klippenstrande hin und sahen von einem Felsenvorsprung aus aus die stille, vom Mondschein überzitterte Bucht. Effi war entzückt.Ach, Geert, das ist ja Capri, das ist ja Sorrent. Ja, hier bleiben wir. Aber natürlich nicht im Hotel; die Kellner sind mir zu vornehm, und man genirt sich, um eine Flasche Sodawasser zu bitten . . ."

Ja, lauter Attaches. Es wird sich aber Wohl eine Privatwohnung finden lassen."

Denk' ich auch. Und wir wollen gleich morgen danach aussehen."

Schön wie der Abend war der Morgen, und man nahm das Frühstück im Freien. Jnnstetten empfing etliche Briefe, die schnell erledigt Werden mußten, und so beschloß Effi, die für sie frei gewordene Stunde sofort zur Wohnungs­suche zu benutzen. Sie ging erst an einer eingepferchten Wiese, dann an Häusergrnppen und Haserfeldern vorüber und bog zuletzt in einen Weg ein, der schluchtartig auf das Meer zulief. Da, wo dieser Schluchtenweg den Strand traf, stand ein von hohen Buchen überschattetes Gasthaus, nicht so vor­nehm wie das Fahrenheit'sche, mehr ein bloßes Restaurant, in dem, der frühen Stunde halber, noch Alles leer war. Effi nahm an einem Aussichtspunkte Platz, und kaum daß sie von dem Sherry, den sie bestellt, genippt hatte, so trat auch schon der Wirth an sie heran, um halb aus Neugier und halb aus Artigkeit ein Gespräch mit ihr anzuknüpsen.

Es gefällt uns sehr gut hier," sagte sie,meinem Manne und mir; welch' prächtiger Blick über die Bucht, und wir sind nur in Sorge wegen einer Wohnung."