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Deutsche Rundschau.
„Ja, gnädigste Frau, das wird schwer halten . . ."
„Es ist aber schon spät im Jahr . . ."
„Trotzdem. Hier in Saßnitz ist sicherlich nichts zu finden, dafür möcht' ich mich verbürgen; aber weiterhin am Strand, wo das nächste Dorf anfängt, Sie können die Dächer von hier blinken sehen, da möcht' es vielleicht sein."
„Und wie heißt das Dorf?"
„Crampas."
Esst glaubte, nicht recht gehört zu haben. „Crampas," wiederholte sie mit Anstrengung. „Ich habe den Namen als Ortsnamen nie gehört . . . Und sonst nichts in der Nähe?"
„Nein, gnädigste Frau. Hier herum nichts. Aber höher hinauf, nach Norden zu, da kommen noch wieder Dörfer, und in dem Gasthause, das dicht neben Stubbenkammer liegt, wird man Ihnen gewiß Auskunft geben können. Es werden dort von Solchen, die gerne noch vermiethen wollen, immer Adressen abgegeben."
Esst War froh, das Gespräch allein geführt zu haben, und als sie bald danach ihrem Manne Bericht erstattet und nur den Namen des an Saßnitz angrenzenden Dorfes verschwiegen hatte, sagte dieser: „Nun, wenn es hier herum nichts gibt, so wird es das Beste sein, wir nehmen einen Wagen (Wodurch man sich beiläufig einem Hotel immer empfiehlt) und übersiedeln ohne Weiteres da höher hinauf, nach Stubbenkammer hin. Irgend 'was Idyllisches mit einer Geisblattlaube wird sich ja da Wohl finden lassen, und finden Wir nichts, so bleibt uns immer noch das Hotel selbst. Eins ist schließlich wie das andere."
Esst war einverstanden, und gegen Mittag schon erreichten sie das neben Stubbenkammer gelegene Gasthaus, von dem Jnnstetten eben gesprochen, und bestellten daselbst einen Imbiß. „Aber erst nach einer halben Stunde; wir haben vor, zunächst noch einen Spaziergang zu machen und uns den Herthasee anzusehen. Ein Führer ist doch Wohl da?"
Dies wurde bejaht, und ein Mann von mittleren Jahren trat alsbald an unsere Reisenden heran. Er sah so wichtig und feierlich aus, als ob er mindestens ein Adjunct bei dem alten Herthadienst gewesen wäre.
Der von hohen Bäumen umstandene See lag ganz in der Nähe, Binsen säumten ihn ein, und aus der stillen, schwarzen Wasserfläche schwammen zahlreiche Mummeln.
„Es sieht wirklich nach so 'was aus," sagte Esst.
„Ja, gnäd'ge Frau . . . Dessen sind auch noch die Steine Zeugen."
„Welche Steine?"
„Die Opsersteine."
Und während sich das Gespräch in dieser Weise fortsetzte, traten alle Drei vom See her an eine senkrecht abgestochene Kies- und Lehmwand heran, an die sich etliche glatt polirte Steine lehnten, alle mit einer flachen Höhlung und etlichen nach unten laufenden Rinnen.
„Und was bezwecken die?"
„Daß es besser abliese, gnäd'ge Frau."