Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

ihre Stiefschwester Bianca zum Weibe. Aber auch das beugte nicht den Willen des Kriegsmannes. Da betrog sie ihn, lockte ihn durch ihre verführe­rischen Künste aus der Burg und ließ den Liebetrunkenen plötzlich gefangen nehmen. Sein jüngerer Bruder Giacomo, auf den die Gräfin in Wirklichkeit ihr Auge geworfen hatte, mußte sich zu Verhandlungen mit dem Gefangenen hergeben, der sein Amt als Castellan niederlegte und, nachdem er seine Rechnungen mit der Herrin beglichen hatte, ehrenvoll nach Savona entlassen wurde. Bald rief sie ihn auch zurück. Dem Herzog von Ferrara schrieb sie, Tommaso habe sich ungebührlich gegen sie aufgeführt und deshalb habe sie ihn sestnehmen lassen. Aehnliches wird sie Wohl auch an den Herzog von Mailand geschrieben haben, der ihr seine Glückwünsche sendete und Giacomo Feo zum Ritter ernannte. Ihn setzte nun auch Caterina zum Castellan von Raval- dino ein. Das war der Zweck der Jntrigue gewesen. An dem dürftigen, bis dahin ärmlich gekleideten jungen Manne, der noch nicht viel mehr als zwanzig Jahre zählte, hatte sie jetzt einen ihr gefügigen Burgwart und Liebhaber. Heimlich ließ Caterina den dann auch zum Befehlshaber ihrer Truppen und ihrem Stellvertreter in Jmola und Forli erhobenen Diener sich antrauen. Ihn trug die Fortuna gleichzeitig in den Himmel des Mars und der Venus empor, wie sich ein Chronist ausdrückt. Aber wehe dem Forlivesen, der seinem Nachbarn oder Freunde zuflüsterte oder gar erzählte, Caterina sei Mutter geworden.

Anfänglich ließ sich das alles schön und gut an. Aus die Kunde von der Absetzung Tommaso Feo's hatte der Castellan von Jmola sofort auf seine Stelle verzichtet und war außer Landes gegangen. Caterina setzte an seine Stelle ihren Stiefvater Giampietro Landriani und Forlimpopoli gab sie an dessen legitimen Sohn Pietro. So waren die wichtigsten Stützpunkte ihrer Macht ganz in ihren Händen. Aber bald war sie nicht mehr die Herrin, sondern die Sklavin ihres jungen Gemahls.

Der Buhle der Gräfin denn als solcher mußte Giacomo Feo den Forlivesen erscheinen hatte durch die Arroganz seines Auftretens gar bald die vornehmen Familien der Stadt verletzt. Vor Allem fühlten sich die Orcioli und Marcobelli, die sich um die Wiederherstellung des Regiments der Gräfin Verdienste erworben und deshalb in großer Gunst bei ihr gestanden hatten, in ihrem Einflüsse und in ihren Interessen beeinträchtigt. Auch den eigent­lichen Herrn von Forli, den jungen Grafen Ottaviano, behandelte der Empor­kömmling so hochfahrend und ungebührlich, daß dieser ihn hassen mußte. Diese Stimmung des Volkes und seines zukünftigen Gebieters konnte Giacomo Feo nicht unbekannt bleiben. Würde sie nicht am Ende auch die Gräfin er­greifen und diese ihn abschütteln, wie sie sich schon von so Manchem befreit hatte? Eine solche Befürchtung mußte Giacomo gegen sein Weib argwöhnisch machen. Er überwachte sie und duldete nicht, daß sie mit einem Dritten unter vier Augen sprach. Und doch gab es gerade in dieser Zeit die wichtigsten, die Verhältnisse ganz Italiens berührenden Angelegenheiten zu behandeln.

Im Juli 1492 war Papst Jnnocenz VIII. gestorben, und Alexander VI., der Ottaviano Riario aus der Taufe gehoben hatte, war sein Nachfolger ge-