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Deutsche Rundschau.
nach dem andern einnahmen und ausplünderten, da sprang sie entschlossenen Sinnes in das feindliche Lager hinüber und rettete Forli vor der Plünderung durch die ausgehungerten, beutelustigen Franzosen. Sie zogen nach Toscana ab. Wie Caterina ihren Staat in diesem schweren Momente vor dem Untergange gerettet hatte, so wußte sie auch, als kurz darauf wieder alle Alliancen sich von Grund aus geändert hatten, als Florenz französisch und Mailand anti- französisch geworden war, sich hindurchzuwinden. Wenn nur die verzweifelte Lage im Innern und in ihrer Familie selbst zu überwinden gewesen wäre! Das aber blieb unmöglich.
Ottaviano Riario war jetzt sechzehn Jahre alt. Auf ihn hofften die Feinde Giacomo Feo's, ihn hetzten sie gegen den Eindringling auf. Der von Natur aus schüchterne und schwache Jüngling wollte sich nicht Alles von dem Manne, der sein Knecht gewesen war, bieten lassen. Eines Tages widersprach er Feo. Da gab ihm dieser eine Ohrfeige. Das empörte den Waffenträger des jungen Grasen, den Jmolesen Antonio Ghetti, der eine Zofe der Caterina zur Frau hatte und bei der Gefangennahme Tommaso Feo's der Gräfin die schlimmsten Dienste geleistet hatte. Er wendete sich sofort an die Orcioli und Francobelli und erössnete ihnen seinen Plan, Giacomo Feo zu ermorden. Einige Spießgesellen, darunter zwei verkommene Geistliche, waren leicht gefunden, die bereit waren, sich an dem Frevel zu betheiligen. Am Abend des 27. August 1495 kehrte Caterina mit ihrer Tochter Bianca, einigen Damen, ihren Söhnen Ottaviano und Cesare, und Giacomo Feo von einem Jagdansffug zurück. Die Gräfin saß in einem Wagen, die klebrigen folgten zu Pferde. Eine ganze Anzahl Reisige diente zur Bedeckung. Mit Jagdbeute beladen zog die Gesellschaft, heitere Lieder singend, durch Forli. An einer Brücke stockte der Zug ein wenig. Die Gräfin mit ihrem Gefolge war bis auf Giacomo Feo hinüber. Da bemerkte dieser Ghetti und rief ihm zu: „Wie geht es, Gian Antonio?"— „Es geht mir gut," erwiderte der Angesprochene. In diesem Momente stößt ein Knecht Ghetti's dem Schlachtopfer eine Partisane in die Seite, durch und durch, man reißt den Halbtodten vom Pferde, entstellt ihn bis zur Unkenntlichkeit und wirft ihn in einen Graben.
Auf das erste Geschrei des Unglücklichen hatte die Gräfin die Kutsche verlassen, sich aus ein Pferd geworfen und war in die Citadelle gesprengt. Ihre Söhne flüchteten sich schuldbewußt in das Hans eines Paolo Denti. Nur zwei der Begleiter der Gräfin wendeten sich gegen die Mörder, welche sie anschrieen, das, was sie gethan, hätten sie im Aufträge ihrer Herrin und Ottaviano's gethan. Dann ließen sie die Gräfin und Ottaviano hochleben, und das Volk stimmte ein. Der Polizeimeister stand dem rathlos gegenüber. Er schickte, da er so etwas doch für möglich hielt, zur Gräfin ins Schloß, die wüthend vor Aufregung und Schmerz Alles für Verrath erklärte. Der Polizeimeister suchte nun die Mörder, namentlich Ghetti, zu verhaften. Sie entsprangen. Aber Ghetti wurde auf der Flucht nach tapferer Gegenwehr niedergestochen, die klebrigen zum Theil verhaftet.
Noch in derselben Nacht wurden alle Angehörigen Ghetti's eingezogen und die Mitschuldigen nach und nach in die Gefängnisse der Burg gebracht.