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Deutsche Rundschau.
Staat vertheidigen, d. h. ihr garantiren sollten. Da das die vorsichtigen Herren von Florenz nicht zugestanden, verliefen die Verhandlungen im Sande. Doch wurden sie nicht abgebrochen, und Florenz und Caterina blieben in freundlichen Beziehungen zu einander. Hätte die Sendung Machiavelli's aber auch zu einem echten Garantievertrage geführt, so würde dieser doch schwerlich der Herrin von Forli viel genützt haben. Denn ein Stärkerer war über sie gekommen, dem auch Florenz Weichen mußte.
Auf demselben Wege und mit denselben Mitteln, mit denen Sixtus IV. seinen Nepoten zum Besitz eines Staates verholfen hatte, suchte Alexander VI. seinen Sohn Cesare zu einem weltlichen Fürsten zu machen. Wie die Verruchtheit an der päpstlichen Curie seitdem ins Dämonische gewachsen war, so wurden jetzt auch größere Pläne für den Papstsohn ins Auge gefaßt und ins Werk gesetzt. Hatte Sixtus IV. einst seinem Nepoten durch eine Ehe mit einer Angehörigen des Hauses Sforza einen Rückhalt gegeben, um ihm einen Theil der Romagna zuzuwenden, so suchte Alexander VI. für seinen Sohn eine noch vornehmere Verbindung abzuschließen, und dann die ganze Romagna in seinen Besitz zu bringen. Und dieses gelang. Cesare Borgia, der auf seine Cardinalswürde verzichtet hatte, ging nach Frankreich, brachte dem König Ludwig XII. einen sehr begehrten Ehedispens und erhielt dafür Charlotte d' Albert, die Verwandte des Königs Ludwig und Schwester des Königs von Navarra, mit reicher Mitgift zur Frau. Noch Größeres wurde ihm in Aussicht gestellt durch das Bündniß, welches sein Vater mit dem Könige zur Bekämpfung des Herzogs von Mailand und zur Umgestaltung der Karte Italiens abschloß. Der Papst verpflichtete sich, Frankreich Hülfstruppen zur Niederwerfung Ludovico Moro's zu senden, wofür dem Cesare Borgia ein französisches Corps zur Eroberung der Romagna zugesichert wurde. Caterina zu stürzen und sie ihrer Staaten zu berauben, war jetzt das erste und vornehmste Ziel der Borgia. Hatte der Papst sie doch schon im Monat März 1499 feierlich für eine „Tochter der Ungerechtigkeit" erklären lassen, weil sie und ihr Sohn den schuldigen Lehnszins nicht gezahlt hätten. Das war freilich nur ein Vorwand. Denn Caterina hatte ja noch viel größere Forderungen an die Curie zu stellen, die Girolamo Riario niemals den ihm 1484 versprochenen Sold von vier Kriegsjahren gezahlt hatte. Im Namen der Kirche zog nichtsdestoweniger Cesare Borgia mit den Truppen, welche der Papst dem König von Frankreich zu Hülfe nach Mailand geschickt hatte, und von 15 000 Franzosen und Schweizern unterstützt, gegen die Romagna heran. War er doch im Rücken vollständig gedeckt, da die Regierung von Mailand binnen zwölf Tagen vollständig znsammengebrochen und Ludovico nach Deutschland geflohen war.
Die Lage Caterina's war eine ganz verzweifelte. Man würde es auch dem tapfersten und genialsten Staatsmanne nicht haben verübeln können, wenn er jetzt auf jeden Widerstand verzichtet hätte. Anders diese Frau!
Trotzdem daß noch im August 1499 die Pest in ihrem Ländchen gewüthet hatte, und ihr jüngster Sohn, an dem sie mit leidenschaftlicher Liebe hing, Wiederholt schwer erkrankte, rüstete sie sich zur verzweifeltesten Gegenwehr. Alles,