Heft 
(1894) 82
Seite
207
Einzelbild herunterladen

Caterina Sforza.

207

Was sie an waffenfähiger Mannschaft zusammenbringen konnte, wurde täglich unter ihren Angen einexercirt, ihre Schlösser wurden mit Lebensmitteln und Munition versehen, dem Feind wurde der Einmarsch in ihr Land durch Jnundationen erschwert. Sie selbst reiste über den Apennin nach Florenz, um ihre alten Freunde durch persönliche Einwirkungen zu ihrem Schutze in Bewegung zu setzen. Doch auch das hals nichts. Denn der Papst hatte die Florentiner bedrohen lassen, daß er, wenn sie Caterina unterstützten, das immer noch nicht unterworfene Pisa seinem Sohne geben werde. Caterina war also ganz aus sich angewiesen. Doch hielt sie die Florentiner noch für ihre besten Freunde. Denn ihrem Schutze vertraute sie alle ihre Kinder bis auf ihren ältesten Sohn an; den behielt sie bei sich, um ihn dann, als ihre Lage ganz unhaltbar geworden war, gleichfalls nach der Arnostadt zu entlassen. Auch ihre Kleinodien und wichtigsten Papiere ließ sie mit den Kindern auf ein einsam gelegenes Gut ihres letzten Mannes bringen.

So stellte das heroische Weib sich allein mit ihren geringen Streitkrästen, nur von unzuverlässigen Unterthanen umgeben, dem furchtbaren Cesare Borgia und seinem weit überlegenen Heere entgegen. Man kann es eine That der Ver­zweiflung nennen. Aber Verzweifelnde pflegen in der Regel weniger umsichtig und Alles ruhig überlegend zu handeln, als diese tapfere und kluge, in ihrem Untergange furchtbar große Frau. Hatte ihr Onkel sich feige und elend be­nommen, so wollte die Tochter des großen Condottierengeschlechtes die Ehre der Sforza aufrecht erhalten.

Mitte November rückte das Heer Cesare Borgia's von Norden her in die Romagna ein. Jmola hatte also den ersten Angriff auszuhalten. Die Bürger der Stadt, die die Thore hatten vermauern lassen und ihrem Herrn, Ottaviano Riario, noch die besten Versprechungen gegeben hatten, lieferten dieselbe aber sofort an den Befehlshaber der Vorhut des feindlichen Heeres aus. Dieser, ein früherer vertrauter Freund von Caterina, Achille Tiberti, hatte sie jetzt verrathen. Wie sollten da die Bürger von Jmola ihr Treue bewahren! Doch der Castellan der Burg, Dionigi Naldi, wahrte sie. Er ließ sich durch die Drohungen Cesare's, ihn mit seiner ganzen Familie aufzuhängen, nicht einschüchtern, erössnete vielmehr das Feuer gegen die Stadt, in die am 25. November an sünfzehntausend Mann Truppen eingezogen waren. Da verrieth ein Schreiner, der die Burg genau kannte, an Cesare eine schwache Stelle ihrer Befestigungen. Aus diese ließen nun die Belagerer ihre Geschütze richten, und eine Bresche war bald in die Mauer geschossen. Naldi, selbst am Kopfe verwundet, mußte sich auf Verhandlungen einlassen. Cesare gestand einen Waffenstillstand von drei Tagen zu, innerhalb deren der Castellan die Befehle seiner Herrin einholen werde. Als keine Hülse kam, übergab Naldi die Burg unter den für ihn ehrenvollsten Bedingungen.

Langsamer, als man hätte erwarten können, wälzte sich nun das siegreiche Heer gegen Forli. Hier hatte Caterina inzwischen noch mit dem Aufgebot aller Kräfte an der Herstellung der Vertheidigungswerke gearbeitet. Vor Allem war das Castell Ravaldino gut bewehrt worden. Jedes Haus in seiner Nähe, jede der Gräfin noch so liebe Anlage, die den Feinden