Heft 
(1894) 82
Seite
208
Einzelbild herunterladen

208

Deutsche Rundschau.

zum Stützpunkt ihres Angriffs hätte dienen können, war rasirt worden. Auch die Forlivesen selbst zeigten sich entschlossen, ihre Stadt gegen die Feinde tapser zu vertheidigen. Denn es war wahrlich kein guter Ruf, der dem Heere Cesare's voranging. Doch traute Caterina ihren Unterthanen keine Heldenthaten zu. Sie ließ sie durch einen Abgesandten wiederholt fragen, was sie zu thun gedächten; sie möchten es ihr nur offen sagen. Der Magistrat der Stadt gab daraus unbestimmte und ausweichende Antworten:Caterina möge doch überlegen, ob es nicht räthlicher sei, der Uebermacht zu Weichen; ein anderer Papst werde sie und die Ihrigen wieder einsetzen, es hätten ja nicht alle Cardinäle der Verleihung der Romagna an Cesare zugestimmt." Die Gräfin antwortete ihnen:Kaninchen! Begreift ihr nicht, daß ein ruinirter Staat immer noch besser ist als ein verlorener? Macht was ihr wollt mit Eurer Stadt; was aber die Burg anbetrisft, so will ich dem Borgia zeigen, daß auch ein Weib fähig ist, mit Kanonen zu schießen." Nachdem es so weit gekommen war, ist das Ende leicht voraus zu sehen. Auf eine Rede hin, welche einer der angesehensten Männer der Stadt und bisher ein treuer An­hänger der Riario, der Graf Luffo Numai, an seine Mitbürger hielt, war jetzt die Bürgerschaft der Stadt einmüthig entschlossen, den Widerstand gegen Cesare auszugeben. Die Uebergabe der Stadt Wurde ihm angezeigt, gleichzeitig aber auch der Gräfin davon durch zwei Abgesandte Kenntniß gegeben. Diese setzten der verlassenen Herrin die Motive des Beschlusses auseinander. Caterina ließ sich Alles aufs genaueste erzählen und verabschiedete dann freundlich ihre ehe­maligen Unterthanen. Kaum waren diese in die Stadt zurückgekehrt, so ließ sie einige Kanonenkugeln über sie hinfegen, zum Zeichen, daß sie zum äußersten Widerstand entschlossen sei. Hatte sie doch auch außer der gewöhnlichen Be­satzung jetzt an zweitausend Söldner, zahlreiche Freiwillige aus der Stadt und der Grafschaft und vierhundert deutsche und französische Landsknechte um sich, die von tapferen und zuverlässigen Kapitänen geführt wurden. Drei ihrer Brüder, welche aus Mailand nach der Besetzung der Stadt durch die Franzosen geflohen waren, befanden sich unter ihnen. War das Castell auch zu klein für eine solche Menschenmenge und Unordnungen deshalb unvermeidlich, so waren doch Geld, Lebensmittel und Munition zur Genüge da, und Caterina unermüdlich, Allen Muth einzuslößen.

Am 19. December hielt Cesare Borgia seinen Einzug in Forli. Er selbst schloß auf einem Weißen Roß den Zug seiner vierzehntausend Mann. Vor ihm her wurde die Standarte der Kirche getragen. Ihm zur Seite ritt der Befehlshaber der französischen Truppen, Monseigneur Ivo d'Allogre. Die Schweizer befehligte der Bailly von Dijon, Antoine de Bussey. Ununter­brochen strömte ein heftiger Regen herab. Um so rascher suchten die Truppen und die Tausende von Gesindel, das ihnen folgte, in die Häuser zu dringen, um sich dort einzurichten. Alles mit Beschlag zu belegen und gegen Männer und Frauen alle Arten von Gewalt zu gebrauchen. Auch in die Frauenklöster drangen die Banden ein und vergriffen sich an den Nonnen, die Sturm läuteten.Unsere Qualen waren denen der Hölle ähnlich," versichert ein Chronist. Nur mit der größten Mühe konnte einige Ordnung hergestellt