Caterina Sforza.
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Wuth versetzten Söldner stoßen Alles nieder, was ihnen in den Weg kommt, und plündern und rauben und sengen die ganze Nacht hindurch in der eroberten Veste.
Cesare Borgia hatte sich in die Stadt zurückgezogen, als der Sturm aus die Burg begonnen. Da ihm gemeldet wurde, daß die Niederlage Caterina's entschieden sei, und vielleicht noch ein Durchbruchsversuch der Belagerten gewagt werden könne, stieg er zu Pferde, umkreiste die Burg und ließ den Trompeter das Signal zum Parlamentären geben. Er wußte nicht, was unterdessen innerhalb der Burg vorgegangen war. Sofort erschien an einem Fenster eines vom letzten Kampsgewühle freien Thurmes Caterina, und Cesare forderte sie auf, dem Gemetzel ein Ende zu machen und sich zu ergeben. Caterina antwortete eben, als sie sich von einer eisernen Faust von hinten gefaßt fühlte. Ein Deutscher oder Gascogner in Diensten des Bailly von Dijon war mit mehreren Soldaten in den Thurm gedrungen und erklärte sie zur Gefangenen seines Fetdobersten. Caterina wendete sich um, verabschiedete sich mit einer ungezwungenen Miene vom Herzog, als wollte sie sagen: Es ist Alles vorüber, und gab sich dem Constabler gefangen H. In der That war für sie Alles vorbei.
VI.
Das war ein anderer Auszug aus der Burg, den jetzt Caterina in Begleitung Cesare Borgia's und des Monsieur d'Allsgre nach der Stadt antrat, als damals, da sie, nach Niederwerfung des Aufstandes der Orsi durch die Feldobersten Mailands, triumphirend wieder in ihre Stadt einritt! Ueber zusammengeschossene Mauern und Trümmer jeder Art, über die Leichen der Gefallenen und die Körper der Verunglückten hinweg, stieg sie jetzt durch die Bresche in das Wasser des nur halb ausgefüllten Burggrabens hinab; und dann wurde sie durch die Stadt in den Palazzo Numai geführt, wo Cesare Borgia Wohnung genommen hatte. Hatte der Unhold sich bis dahin noch als Cavalier gegen die Gefangene betragen, welche er dem Bailly von Dijon gegen eine hohe Summe abgekauft, so zeigte er sich jetzt gar bald in seiner wahren Natur. Denn er hatte geglaubt, mit der Mutter auch deren Kinder in seinen Besitz bekommen zu haben, und sah sich nun hierin betrogen. Caterina konnte in Wahrheit sagen, daß diese in Sicherheit gebracht seien, und alles Suchen nach ihnen in den Ueberresten der Burg bestätigte nur ihre Worte. Darüber wüthend, erlaubte sich der Unmensch Thaten gegen seine Gefangene, der sich nur ein Cesare Borgia rühmen konnte. Sein würdiger Vater, der Papst, der erbost über den Widerstand der Gräfin diese hatte hingerichtet
i) Von dem Feldzuge des Borgia in der Romagna gibt es keinen Generalstabsbericht, wie sich Pasolini ausdrückt. Es bleibt daher Vieles von den Vorgängen, namentlich bei der Einnahme der Burg von Forli, unsicher. Die Chronologie ist schwer festzustellen, selbst entscheidende Acte sind uns ganz widerspruchsvoll überliefert. Natürlich hat sich auch die Sage sofort der wunderbaren Thaten der Gräfin bemächtigt. Vielleicht ließe sich aber durch Feststellung eines Grundrisses der zum Theil noch erhaltenen Burg und durch schärfere Scheidung der Quellen weiter kommen.