Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

sehen wollen, änderte seinen Entschluß und befahl, sie lebendig nach Rom zu bringen, weil man nur so ihrer Nachkommen werde habhast werden können. Und doch wäre Caterina säst noch den Klauen des Frevlers entwischt. Als am 21. Januar der Borgia im Begriff war, mit seiner Beute von Forli abzuziehen, stellte sich ihm der Bailly von Dijon aus der Straße entgegen und erklärte, es sei eine Schande für ihn, daß Caterina, die sich ihm er­geben habe, gegen französisches Recht, das keine Kriegsgefangenschaft der Frauen anerkenne, doch als Gefangene abgeführt werde. Cesare hatte dem Wächter der französischen Ehre die ihm für Caterina versprochene Summe nicht ganz ausgezahlt, und dieser trat nun mit seinen Schweizern dem Herzog so drohend entgegen, daß der feige Borgia Caterina mit dem Bailly in dessen Quartier abziehen ließ. Doch wurde, nachdem der Monsieur d'Allogre von Forlimpopoli Herbeigerusen war, ein Abkommen über die Frau zu Stande gebracht: Caterina blieb nicht als Gefangene, sondern als eine dem Borgia in Depot gegebene Unterthanin des Königs von Frankreich in dessen Händen; der Bailly von Dijon erhielt dafür eine reiche Soldzahlung für alle seine Leute. Am 23. Januar verließ dann Borgia mit d'Allägre Forli. Zwischen ihnen ritt in ein schwarzes Atlaskleid gehüllt und den Kopf mit einem Tuche umwunden die Gräfin. Zwei Diener und zwei Hoffräulein folgten ihr. In Cesena War das erste Nachtquartier. Um das unglückliche Weib den fort­gesetzten Attentaten Cesare's zu entziehen, versuchte Monsieur dÄllägre sie in sein Quartier zu bekommen. Aber er empfing Ordre von seinem König, sofort nach Oberitalien aufzubrechen. Und so blieb Caterina in den Händen des Borgia, der sie mit sich nach Rom schleppte. Am 26. Februar 1500 hielt Cesare seinen Einzug in die ewige Stadt.

Man hat erzählt, Cesare habe die Gefangene von Forli der schaulustigen Menge vorgeführt, wie einst der Kaiser Aurelian die Königin Zenobia von Palmyra. Die römischen Chronisten, die den Triumphzug genau beschreiben, wissen jedoch nichts davon. Vielmehr wird berichtet, der Papst habe die Ge­fangene höflich empfangen und behandelt und im Belvedere des Vatikans, von zwanzig Wächtern Wohl gehütet, in Gefangenschaft gehalten. Hier ereilte sie kurz daraus die Nachricht von dem Untergang ihres ganzen Hauses. War doch ihr Onkel Ludwig der Mohr und der einst in Rom so mächtige Cardinal Ascanio Sforza am 10. April bei Novara in die Hände der Franzosen ge­fallen, die beide als Gefangene nach Frankreich abführten. Auch dieser Schlag Warf Caterina noch nicht ganz darnieder. Sie plante einen Fluchtversuch, der jedoch scheiterte.

Jetzt ließen sie die Borgia in das Castell Sant' Angelo abführen und in strenger Haft halten. Zu der Besorgniß, daß man sie hier, wie so viele Opfer der Borgia, vergiften werde, kamen Gemüthsaufregungen fast noch schlimmerer Art. Ihre beiden ältesten Söhne Ottaviano und Cesare quälten sie mit Bitten, ihnen zu einem Abkommen mit dem Papste zu ver­helfen, durch das sie aus ihre Rechte aus Jmola und Forli gegen eine Geldentschädigung, einen Cardinalshut und das Erzbisthum Pisa verzichten wollten. Ein einfacher Priester, ein alter Vertrauter der Familie, hielt den