Caterina Sforza.
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Würdigen Söhnen Girolamo Riario's die Thorheit und Schändlichkeit dieses Handels vor; Caterina dagegen schrieb gelassen an ihre Kinder, sie sollten sich nicht um sie kümmern und nicht ihren Besitz ausgeben; ehe sie nur ihretwillen sich ruinirten, sei sie bereit, Alles zu ertragen. Daß man sie auch der Vormundschaft über ihren jüngsten Sohn, Giovanni de Medici, entheben wollte, griff der Mutter noch stärker ans Herz. Sie erkrankte im Juli. Doch ihre wunderbare Elasticität hob sie auch hierüber hinweg. Da sie gar nicht sterben wollte und der Papst diese Gefangene des Königs von Frankreich und Schwester der Gemahlin des römischen Kaisers Maximilian nicht, Wie so viele andere seiner Schlachtopfer, einfach aus dem Wege räumen mochte, suchte er ihr mit einer Anklage beizukommen. Caterina wurde beschuldigt, daß sie durch einen vergifteten Brief, den sie im November 1499 an den Papst, als dessen Sohn im Anzuge gegen sie war, geschrieben und dem Papste persönlich zu übergeben befohlen, den Versuch gemacht habe, den heiligen Vater ums Leben zu bringen. Drei Forlivesen, welche diesen Brief angeblich hatten überbringen sollen, aber vorher ergriffen worden waren, saßen seit dem November 1499 in den Gefängnissen des Castells von S. Angelo. Es wurde ein Verhör mit ihr angestellt. Da sie nicht gut gefoltert werden konnte, erpreßte man aber kein Geständniß aus ihr. Auch vor dem Papste, der sie in seiner Gegenwart vernehmen ließ, leugnete sie die That rundweg und ging zu solchen Anklagen gegen ihn und seinen Sohn über, daß die Beschuldigung nicht nur fallen gelassen wurde, sondern man Schweigen über sie nach allen Seiten auserlegte. In dem päpstlichen Geheimarchive befindet sich daher auch kein aus diesen Proceß bezügliches Document, wie Pasolini hat constatiren lassen. Dagegen sind die Chronisten der Zeit voll von Angaben darüber. Die Wahrheit scheint zu sein, daß das Ganze eine von den Borgia der Caterina gelegte Falle war, in die sie aber nicht gegangen ist.
Trotz dieses ihres Sieges hätte Caterina aber noch lange in den Verließen der Engelsburg schmachten können, Wenn ihr nicht in Ivo d'Allbgre ein Befreier erstanden wäre. Dieser War im Juni 1501 als ein Befehlshaber der französischen Truppen gegen Neapel nach Rom gekommen. Er hatte in Oberitalien, Wo das Volk die tragischen Geschicke der Caterina in volksthümlichen Liedern besang H, davon gehört, wie Cesare Borgia sein Wort, Caterina nicht als Gefangene zu behandeln, gehalten hatte, und wußte, daß sein König über die Schändlichkeiten der Borgia in Italien ausgebracht sei. Er verlangte daher sofort die Freilassung der Gefangenen. Cesare Borgia widersetzte sich anfänglich dieser Forderung, mußte aber doch nachgeben.
Nachdem Caterina in einem formellen Aktenstücke in ihrem und ihrer Kinder Namen auf ihre Staaten verzichtet hatte, erhielt sie die Freiheit und die Erlaubniß, Rom zu verlassen, nachdem sie 2000 Dukaten Unkosten bezahlt habe.
0 Ein uns erhaltenes derartiges Lamento von einem ^ovst Llarsilio 6oinpg.Anon hat Pasolini, Bd. III, S. 811—823 abdrucken lassen. Sein Refrain lautet: Keolta Msstn seonso- lata OatUernia cla lorlivo.