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Deutsche Rundschau.
sich nicht Von den billig zu habenden Tröstungen der Kirche und deren unwürdigen Hohenpriestern vergiften lassen.
Gewiß, Caterina stand nicht über dem Glauben ihrer Zeit. Sie besuchte täglich die Messe, unterstützte Klöster, baute Kirchen und vertheilte Almosen, so viel sie konnte. Das genügte aber ihrer nach Vergebung ihrer Sünden sich sehnenden Seele so wenig, als die Absolutionen der römischen Priester. Sie empsand daher das Bedürsniß, sich mit dem reinsten und frömmsten Manne, den damals Wohl die Kirche besaß, in Verbindung zu setzen, um über das Heil ihrer Seele zur Gewißheit zu kommen. Wir besitzen den Brief nicht mehr, den die Herrscherin von Forli 1497 an Girolamo Savonarola gerichtet hat. Aber die Antwort des Priors von San Marco, von dem Tage datirt, an dem Alexander VI. ihn in S. Spirito in Florenz excommuniciren ließ (18. Juni 1497), ist uns erhalten und ein leuchtender Beweis für die Seelenruhe des frommen Fraters, wie für die religiöse Stimmung desselben. Savonarola schreibt ihr, sie scheine ihm gut berathen und aus dem rechten Wege zu sein, denn sie zeige währe Betrübniß über ihre Sünden; um diese zu beweisen, solle sie auch gute Werke thun, namentlich Almosen geben, denn diese löschten die Sünden aus, wie das Wasser das Feuer; gegen ihre Unter- thanen solle sie das Recht aufrecht erhalten, Gott stets um seine Erleuchtung bitten und sich aller Sünden enthalten; dann werde Gott ihre Herrlichkeit erhören und sie seiner Güte sicher werden. Savonarola dankt dann noch der Caterina für die guten Gesinnungen, die sie ihm gegenüber ausgesprochen habe, und stellt die Absendung eines seiner Schüler an sie in Aussicht. Es war doch eine gesunde religiöse Empfindung Caterina's, nach der Versicherung des einfachen Dominicanermönchs, daß Gott ihrer reumüthigen Seele gnädig sein werde, sehnsüchtiger zu verlangen, als nach den Absolutionen ihrer hohen Verwandten im Cardinalcollegium und des Papstes, der einst bei ihrem Erstgeborenen Gevatter gewesen war.
Beschäftigt sich schon 1497 Caterina so lebhaft mit dem Heil ihrer Seele, so hat sie das sicher noch viel mehr in den Jahren gethan, in denen sie, ihrer Weltlichen Herrschaft entkleidet, dem Cesare Borgia und seinem würdigen Vater in die Hände gefallen war und länger als ein Jahr in den Verließen der Engelsburg zwischen Leben und Tod geschmachtet hatte. Und welche Aufregungen hatte sie nach ihrer Befreiung noch zu bestehen! Kaum nach Florenz gekommen, bestürmten sie ihre Anhänger in der Romagna, die unter den Schergen der Borgia schwer zu leiden hatten, wieder in ihre Herrschaft zurückzukehren und den Kampf gegen den Tyrannen aufzunehmen. Und wäre ein solches Unternehmen 1503 bei dem Tode Alexander's VI. ganz aussichtslos gewesen? Ein neues Heirathsproject wurde für die vierzigjährige Wittwe gesponnen. Sie sollte dem Befehlshaber der Burg von Forli die Hand reichen, um durch ihn dann wieder eingesetzt zu werden in ihr Land. Aber alle diese Pläne zerrannen wie Seifenblasen. Caterina besaß nicht mehr die ungebrochene Energie ihrer früheren Jahre. Ihren Söhnen aus der Ehe mit Girolamo Riario und den Cardinälen ihrer Familie war an der Wiederherstellung ihrer Herrschaft unter solchen Aspecten wenig gelegen. Die Söhne selbst waren feige,