Heft 
(1894) 82
Seite
229
Einzelbild herunterladen

Botanische Streifzüge an der Riviera.

229

zwanzig Minuten lang kochen lassen und mit einer Messerspitze Safran den Schluß gemacht. Ihre UouiUabwso war dann fertig. Die Langusten und Fische kamen in eine tiefe Terrine und wurden mit der Brühe, in welcher auch Weißbrodschnitte geweicht hatten, ubergossen. Der übrige Comfort des Hauses ließ freilich zu wünschen übrig, so daß wir, trotz solcher culinari- scher Genüsse, uns doch zeitweise nach einem anderen Unterkommen sehnten.

Eine Straßenbahn verbindet jetzt St. Tropez mit La Foux, einer Station der südfranzösischen Bahn. Der Weg führt an dem Schlosse von Bertaud und vor dessen Thoren an einer mächtigen Pinie vorbei, deren Stamm an sechs Metern im Umfang mißt. Es dürfte eine der größten Pinien sein, die jetzt existiren, und Wohl mancher Saracene hat schon in ihrem Schatten ge­lagert. Der Baum steht mitten auf der Straße, derroute nationale", und es ist zu loben, daß ihn die Ingenieure schonten. Die Straßenbahn setzt sich über La Foux nördlich bis Cogolin fort, und von da aus kann man auf der Chaussee La Garde Freinet erreichen. Dort hatten einst schon die Römer einen Militärposten errichtet, der die Verbindung zwischen dem Sinus Sambraci- tanus und der etwas nördlicher durchs Gebirge ziehenden Via Aureliana über­wachen sollte. Der Ort liegt in einem Engpaß zwischen zwei Bergen, und dort setzten sich auch die Mauren im Jahre 850 fest, nachdem sie St. Tropez zerstört hatten. Sie sicherten sich so den Zugang zum Meere und beherrschten zugleich das Gebirge. Die Festung, die sie erbauten, wurde Fraxinetum ge­nannt und dieser Name dann auf alle ähnlichen maurischen Festungen über­tragen. Hier häuften sie die geraubten Schätze an, um sie später übers Meer, nach Afrika zu schassen. Wilhelm I., Graf von Arles, unterstützt von zwei proven^alischen Edelleuten, Bavon und Grimaldi, stürmte und eroberte im Jahre 973 die Veste. Alle Mauren, die dem Schwert entgingen, wurden nebst Weibern und Kindern zu Sclaven gemacht. Die Veste schwand von der Erde, und nur einige Mauerreste, die Epheu heute deckt, sowie eine tiefe, in Fels gehauene Cisterne, zeugen dafür, daß sie einst gewesen.

Als Preis der Tapferkeit und Lohn für die erwiesenen Dienste erhielt Grimaldi von Wilhelm I. das ganze Land, welches die Mauren am Sinus Sambracitanus besaßen. Da ragen denn noch heute, als Wahrzeichen aus jener Zeit, auf dem Berge, der die Thalmündung beherrscht, die Trümmer der Burg Grimaud in den Himmel. Zwei Thürme auf steilem Abhang, durch Mauerreste verbunden, scheinen über dem Abgrunde zu schweben, die übrige Burg ist zerstört; doch unter ihr, wenn auch ihres Schutzes beraubt, in üppiges Grün gehüllt, klammert sich der kleine Ort Grimaud noch immer an den Felsen.

Von La Foux aus östlich folgt die Südbahn weiter allen Ausbuchtungen der Küste. Jetzt eilt sie dem Meere zu, und St. Tropez am jenseitigen Ufer scheint immer näher zu rücken; dann wendet sie sich landwärts, und das Esterel taucht plötzlich am Horizonte aus. Das Maurengebirge rückt dicht ans Meer heran, der Wald erreicht die Küste. Immer schwelgerischer ent­wickelt sich hier seine Pracht. Aus den immergrünen Eichen und Seestrand- kiesern leuchtet die baumartige Erica mit ihren Weißen Blüthenmassen hervor. Ueberall sieht man den Erdbeerbaum seine lorbeerartigen Blätter ausbreiten.