Heft 
(1894) 82
Seite
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Deutsche Rundschau.

Dresden, den 23. Juli 1863.

Lieber Rodenberg!

Gestern habe ich hier denFeramors" gehört und habe mich für uns Beide gefreut die Musik hat Mängel, der Text hat Längen aber das Werk macht uns keine Schande und wir können es getrost der Welt übergeben und sie hätte Unrecht, es zu verwerfen. Die Ausführung hier ist eine in vielen Beziehungen glänzende, die Ausstattung hat meine Erwartungen übertroffen. Der gestrige Abend hat mir Lust gemacht, wieder eine Oper zu schreiben, und das ist, scheint mir, ein gutes Zeugniß für das Werk.

Haben Sie nicht etwas dergleichen? nur nichts Orientalisches mehr vor­läufig ist ein Werk in dieser Art genug jetzt etwas Europäisches von allgemeinem und palpitantem Interesse mein Seelenheil für einen guten Opern­text ! -

Was macht dasHohe Lied" haben Sie das Werk von Mandelstamm darüber gelesen? wieder eine neue Auffassung, aber interessant und nicht ohne Wahrheit verschaffen Sie es sich es ist in Berlin erschienen, es heißtDie Bibel", und dieser Abschnitt ist Meyerbeer gewidmet.

Ich sehne mich schon sehr, es (so. das Gedicht) zu bekommen, denn das soll ein famoses Werk werden, das verspreche ich Ihnen. Ich werde Sie diesen Sommer nicht sehen, denn jetzt reise ich nach Odessa*) und von da in zwei Wochen über Deutschland nach Petersburg und Sie bleiben ja die ganze Zert noch in der Schweiz aber schicken Sie mir doch so bald als möglich dieses Ding, denn ich habe ein wahres Sehnen darnach.

Wenn Sie doch nach Petersburg kämen, es ist jetzt so leicht und wie gut wäre das für mich!

Doch Adieu, meine besten Empfehlungen Ihrer Frau Gemahlin und mit freundschaftlichem Gruße Ihnen und Ihrer Muse Ihr

Ant. Rubinstein.

In den nun folgenden vier Jahren wurde sowohl der persönliche wie der briefliche Verkehr etwas spärlicher; denn Rubinstein hatte ( 1862 ) das Peters­burger Conservatoriurn begründet, als dessen Director ihm zum Reisen und Wohl auch zum Componiren nicht mehr so viel Muße blieb. Doch kommt er einmal noch, selbst jetzt, auf unser altes Thema zurück.

Leipzig, den 16. Juni 1865.

Lieber Herr Rodenberg!

Ich bin diesmal so kurze Zeit in Berlin geblieben, daß ich unmöglich konnte Sie aufsuchen daher muß ich Ihnen von hier schreiben und zwar wegen meinem Hohen Lied!" Es ist doch einmal Zeit, daß ich mich an die Arbeit mache und Sie auch haben Sie daran gedacht? ich muß es diesen Sommer haben, und bitte Sie daher, es mir einzuschicken psi- Adresse Bartholf Senfs in Leipzig ich sehne mich darnach ich glaube nicht, daß wir uns irgendwo diesen Sommer treffen können ich weiß eigentlich noch selbst nicht recht, wo ich sein werde, aber ich will diesmal nicht nach Rußland zurückkehren, ohne dasHohe Lied" im Koffer zu haben. Leben Sie Wohl und schicken Sie es mir so bald als thunlich hierher ein ich habe es schon für das nächste Musikfest in Königsberg zugefagt also Sie sehen, ich muß dran gehen eoüto gue eoüts, und Sie auch!?

Meine besten Grüße Ihrer Frau Gemahlin Ihr _ Ant. Rubinstein.

Z Dort lebte feine Mutter.