Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

die nicht bei Namen genannt sein will, und daß von denTausenden" angeb­licher Buddhaverehrern an der Seine nur wenige von der wahren Lehre ihres Meisters auch nur den noth dürftigsten Bescheid besitzen. Daraus erklärt sich unter Anderem, daß Dinge, die der orientalischen Anschauung so weit abliegen, wie die Gleichstellung der beiden Geschlechter, mit buddhistischem Stempel ver­sehen und als Ziele der ferneren Entwicklung bezeichnet werden. Die in dem vorliegenden Buche wiedergegebenen tiefsinnigen Unterredungen, die Herr Bois mit Pariser buddhistischen Weisen geführt haben will, enthalten nicht nur nichts, was Lesern der Schriften Max Müller's, Oldenberg's u. s. w. nicht längst bekannt wäre, sondern eine erhebliche Zahl grober und handgreiflicher Miß­verständnisse und Schiefheiten.

Rücksichtlich der merkwürdigsten und zugleich Pariseristischen allerkleinen Religionen" der Seinestadt des sogenannten Humanitätscultus saßt Herr Bois sich ziemlich kurz. Daß August Comte (gest. l857) um die Mitte der vierziger Jahre unter die Religionsstifter gegangen war und daß der von ihm begründeteCultus der Humanität" noch gegenwärtig eine Anzahl von Anhängern zählt, ist freilich längst bekannt. Ueber das Wesen dieser neuen Religion" ist wenig mehr zu sagen, als daß dieselbe das Spätlings- erzeugniß eines geistreichen, aber wiederholt in Irrsinn verfallenen Mannes war, und daß insbesondere das aus den neuen Cultus bezügliche Testament von des Testators gelehrten Freunden (Littre, Renan, Stephans n. s. w.), sowie von dessen Wittwe als Erzeugniß greisenhafter Unzurechnungsfähigkeit be­zeichnet, von den Gerichten indessen anerkannt und durch die Vermittlung von dreizehn dazu verordnten Executoren (darunter der bekannte Schriftsteller und Biograph Danton's C. Robinet) in Ausführung gebracht worden ist.In den mittleren und niederen Volksschichten," so urtheilt der Kirchenhistoriker I. H. Kurtz über diese merkwürdigste aller Religionen,fanden sich einige andachtsbedürftige Gottesleugner, die diesem Versuch zu einer Umsetzung der Comte'schen philosophischen Doctrin in das practische Gebiet zustimmten und nach Maßgabe desenlencirier positivists" und deseattzeüwms positivists" eine Gemeindebildung mit gemeinsamem Menschheitscultus versuchten. Der Kalender theilt das Jahr in dreizehn vierwöchentliche Monate, die nach den dreizehn größten Wohlthätern der Menschheit (in deren Auszählung Christus fehlt) benannt werden, während den Wochen die Namen kleinerer Geistesheroen beigelegt sind. Durch eine überschwängliche Verehrung des Ewig-Weiblichen im Frauencultus, welche stark nach katholischer Marialatrie schmeckt, sowie durch den phantastischen Heroen-, Genie- und Gelehrtencultus, welcher den katholischen Heiligendienst ersetzt, und durch Aufnahme eines dem Katholischen verwandten Priesterbegriffs verräth diese Religion sich als aus katholischem Boden er­wachsenes Antichristenthum". Mit demCultus des Ewig-Weiblichen", auf welchen Kurtz anspielt, hat es die folgende Bewandtniß: In seinem letzten Lebensjahre verliebte Comte sich in eine junge Dame, Frau Clotilde de Vaux, die er nach ihrem frühen Ende als Vertreterin des Menschheitsideals quasi deificirt sehen wollte. Daß Frau Comte von dieser Excentricität ihres Gatten ebenso wenig wissen Wollte, wie dessen Freund Littrs, und daß beide jede Theil-