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Deutsche Rundschau.
gefallen ist, der in den früheren Bänden nicht fetten das Verständniß erschwerte; es ist dafür gesorgt, daß man immer Weiß, in welchem Jahre man sich bewegt. In den früheren Bänden war man oft genöthigt, nachzusinnen oder nachzublättern, ob das Datum in das eine oder andere Jahr gehöre, und es ist wirklich zu wünschen, daß bei der nächsten Auflage diese Lücke auch in den früheren Bänden ausgefüllt wird. Zu bitten bleibt dagegen noch um eine vollständigere Form der Citate. Werke, die auch an vielen Universitätsbibliotheken nicht zu haben sind, und die sich nur selten in privaten Händen finden, werden nur mit einem Stichwort citirt. Ein Verzeichniß der benutzten oder doch der citirten Werke würde eine willkommene Beigabe sein, auch zur Ausfüllung der Lücken unserer Bibliotheken wirksamer anspornen. Daß der Fachmann weiß, wo er nachsuchen kann, ist kein Grund, ihm die Umstände zu machen, statt auf zwei Seiten die Titel handlich zusammenzustellen. Auch ist doch Sybel's Buch durchaus nicht nur für die Leute von der Zunft bestimmt.
Aus den ersten Eindruck erscheint der siebente Band als der bedeutendere. Mit dramatischer Gewalt rollen sich da vor unseren Augen die Ereignisse auf, die zu der welterschütternden Katastrophe von 1870—71 führten. Aber es wäre unrecht, den sechsten Band geringer zu schätzen. Er beginnt mit den Vorbereitungen des norddeutschen Reichstags, schildert im zweiten Kapitel die Kämpfe der ersten Wochen des Reichstags, dann im dritten Capitel die Luxemburger Frage, die dem norddeutschen Reichstage durch die berühmte Interpellation Bennigsen's Gelegenheit gab, sich loszureißen von dem Streit um Einzeldinge und sich zu erfüllen mit dem gewaltigen Pathos der großen Zeit; im vierten Capitel den Abschluß der norddeutschen Bundesverfassung, um dann im fünften die glückliche Erledigung der Luxemburger Frage und die siegreiche Zurückweisung der französischen Ansprüche und jeder Einmischung in den Prager Frieden und seine Ausführung zu berichten. Es folgt das zweiundzwanzigste Buch, das mit fünf Capiteln die andere Hälfte des Bandes füllt und die Reform des Zollvereins darstellt, bei der noch einmal der ganze Zorn des Par- ticularismus zum Ausbruch kam, dann die innere Politik Preußens im Jahre 1867, die italienischen und spanischen Wirren und endlich die von Napoleon betriebene, von König Wilhelm widerrathene Erhebung des Prinzen Karl von Hohenzollern aus den Thron von Rumänien und die Schwierigkeiten, welche der Uebereifer der Nationalgesinnten der Politik Bismarck's bereitete, indem sie den Eintritt der Südstaaten in den norddeutschen Bund zu beschleunigen suchten. Das Alles ist aus 377 Seiten nicht nur erzählt, sondern zum wirklichen Verständniß gebracht. Das Lob, das ich von dem Werke im Ganzen sagte, daß es so glücklich verstehe, die Hauptsachen herauszuheben und durch einander zu beleuchten, daß es den Faden festhalte und dem Leser in die Hand gebe, dies Lob gilt im Besonderen auch von diesem sechsten Bande. Das Ur- theil des Autors drängt sich nicht vor, es verbirgt sich nicht, aber es ergeht sich nicht in Lobpreisungen und auch nur selten in Tadel.
Soll ich hier Einzelnes herausheben, so möchte ich vor Allem darauf Hinweisen, wie wir Seite 54 ff. mit den Kräften und Parteien bekannt gemacht Werden, unter deren leidenschaftlichem Ringen die Verfassung des norddeutschen