Heft 
(1894) 82
Seite
287
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Hendrik Mtbooi.

Vom

Premierlieutenant a, D. Franz Josef non Mloiv.

^Nachdruck untersagt.^

Seitdem das Deutsche Reich die Schutzherrschast über Südwest-Asrika ausübt, sind die Kriegs- und Raubzüge Hendrik Witbooi's der Gegenstand berechtigter Sorge gewesen. Jetzt, wo sich der Hottentotten-Häuptling nach langen Kämpsen unter­worfen hat, erscheint der Krieg als beendigt, und es ist möglich, denselben in Ur­sache und Wirkung zu betrachten.

Der südliche Theil von Südwest-Asrika, Großnamaland genannt, ist seit dem vorigen Jahrhundert durch einige Hottentotteustämme dünn bevölkert, welche mit dem Vordringen der Cultur aus der Capcolonie nach Norden über den Oranjefluß gedrückt worden waren. Einer dieser Stämme gelangte unter der Führung Kido Witbooi's zu größerem Ansehen, obgleich der Hottentottenname dieses Völkchens, nämlich Khowese, d. h. Bettelvolk, aus einen besonders vornehmen Ursprung nicht eben schließen läßt. Der Name Witbooi ist holländischer Herkunst, und das Vor­handensein von Vor- und Geschlechtsnamen bezeugt, daß die Angehörigen dieses Stammes sich zum christlichen Glauben bekannten und europäischer Sitte nicht ab­geneigt waren. Sie galten in der That sür gute Christen, und ihre Missionare wußten viel Rühmliches von ihnen zu berichten. In einem Punkte jedoch konnte Niemand den Witbooi's Lob spenden. Sie lebten der Jagd, aber noch mehr dem Diebstahl, der im Nothfalle zum Raub im großen Style, durch bewaffnete Horden ausgeführt, sich entwickelte. Sie bebauten nicht ihr Land, sie züchteten kein Vieh, sondern verpraßten im Nichtsthun, was sie besaßen oder geraubt hatten. Als nun die Feuerwaffen aus der Capcolonie heraus unter die Hottentottenstämme gelangten, da erwachte in ihnen die Begierde, in die großen Herden der einige Tagereisen weiter nördlich lebenden Herero's einzusalten und sich auf diese Weise zu bereichern.

Die Herero's sind ein Bantustamm aus der Kaffernsamilie und gleichen Ur­sprungs wie die Zulu's und Matabele, aber nicht wie diese ein Kriegs-, sondern ein Hirtenvolk, betreiben auch die Jagd nur ganz nebenbei. Der Reichthum der Herero's oder Damara's, auch Beastkaffern, d. i. Rinderkaffern, genannt, ist in Süd- Asrika allbekannt und, wenn auch vielfach überschätzt, so doch ein sehr bedeutender, da er sich bei einer Bevölkerung von ungefähr 50 000 Köpfen wohl aus eine Million Rinder beläuft. Kein Wunder, daß die hungrigen Hottentotten nach solchem Reichthum Verlangen trugen.

Bisher hatte zwischen den Herero's und den Witbooi's der Stamm des Hotten­totten Jan Jonker, welcher ebenfalls erst eingewandert war, als Keil gesessen und zwar in und nahe bei Windhoek, dem heutigen Sitze der Kaiserlichen Landes-